Energiewende: was es nicht gibt, kann auch nicht scheitern

Spätestens seit der Erdölpreiskrise 1973 ist bekannt, dass es fundamentale Aenderungen der Energieversorgung braucht – so rasch als möglich weg von den fossilen Energien. Die schweren Unfälle in den Atomkraftwerkanlagen von Tschernobyl und Fukushima sind klare Hinweise dafür, dass auch der raschestmögliche Ausstieg aus der Atomenergie erforderlich ist. Der gleichzeitige Ausstieg aus der Atomenergie und den fossilen Energien ist möglich – dies muss aber auch gewollt werden. Nicht nur in der Schweiz ist dies überhaupt nicht der Fall.

Nach Fukushima hat der Bundesrat damit begonnen, eine „Energiestrategie 2050“ zu entwickeln und in lächerlich langsamen und kleinen Teilschrittchen umzusetzen. Frau Bundesrätin Leuthard will gar nicht aus der Atomenergie aussteigen – für sie ist diese vorgebliche Aktivität „Energiestrategie 2050“ bloss der Versuch, die derzeitige Bewilligungsunmöglichkeit eines neuen Atomkraftwerks zu überbrücken. Erhebliche Teile der Energie- und Wirtschaftslobbies sind da gleicher Meinung.

Der Begriff Energiewende wird in der Schweiz in erster Linie von den Medien verwendet – vor allem von jenen, die behaupten, die Energiewende sei gescheitert. Aber eben: eine Energiewende wurde in der Schweiz gar nicht eingeleitet – was es nicht gibt, kann auch gar nicht scheitern. Wer die Inserate in den Medien anschaut, muss davon ausgehen, dass auch die Medien gar kein Interesse daran haben, dass es zu einer Energiewende kommen könnte.

Die Schweizerische Stromwirtschaft sucht die Ursache für ihr eigenes energiewirtschaftliches Unvermögen bei in einer Gesamtbetrachtung marginalen Veränderungen – zum Beispiel dem kleinen Solaranlagenboom in Deutschland. Stattdessen ist davon auszugehen, dass die ökonomischen Schwierigkeiten dieser Unternehmen selbst verursacht sind – zum Beispiel durch ein Festhalten an veralteten Strategien und Marktausrichtungen.

„Wer jetzt auf eine neue Erdgas-Heizung setzt, dem dankt die Natur.“ hat die Erdgaswirtschaft noch im Winter 2013/14 geworben. Die Erdölwirtschaft wirbt auch im Juni 2014 noch mit Begriffen wie „umweltfreundliches Ökoheizöl“ (neckisch, dass „Öko“ noch mit „umweltfreundlich“ verstärkt werden muss aus der Sicht der WerberInnen – das wirkt schon fast wie eine umgekehrte doppelte Verneinung) – verbunden mit der nachweislich falschen Behauptung, „dass der Ersatz einer alten Ölheizung durch ein modernes Brennwert-System auch langfristig preisgünstiger ist als die Umstellung auf irgendeine andere Energiequelle.“ Solange derartige Marktteilnehmer überhaupt auftreten können, zudem mit derartig unsinnigen Aussagen, sind wir noch weit von einer Energiewende entfernt. Denn hier wird suggeriert, dass Oel- und Gasheizungen selbst auf lange Dauer noch normal, nützlich und notwendig seien – also eine Energiewende somit unnötig sei.

Es gibt tatsächlich einige wenige PolitikerInnen und Verbände, die „Energiewende“ positiv besetzt verstehen – ihre Anstrengungen bestehen allerdings vor allem darin, Subventionsgelder aller Art für von ihnen bevorzugte Energieansätze zu pushen. Subventionen haben allerdings auch den Charakter, sanfte Preissignale zu setzen für Dinge, die sinnvoll wären – ein neues „normal, nützlich und notwendig“ wird dadurch nicht geschaffen! Der Wegfall sämtlicher Subventionen – auch der direkten und indirekten Subventionen für die Atomenergie und die fossilen Energien – ist dringlich, um endlich lügende Energiepreise zu verhindern.

Einige einfache Botschaften
  • Es braucht nicht bloss eine Energiepolitik über die Energiewirtschaft und zu Energietechnik – es braucht eine Energiepolitik der EnergieverbraucherInnen, es braucht Energiepolitik von unten, Energiepolitik for Dummies!
  • Es braucht klare Signale – neben einem raschmöglichsten Ausstieg aus der Atomenergie braucht es auch einen Ausstieg aus den fossilen Energieträgern Erdöl und Erdgas, spätestens 2035, damit z.B. Oelheizungen, die aufgrund der irreführenden Propaganda der Erdölwirtschaft heute leider noch eingebaut werden, während der üblichen technischen Nutzungsdauer genutzt werden können.
  • Es braucht einen Bewirtschaftungspfad für jedes Gebäude, damit dieses bis 2035 mit möglichst tiefem Verbrauch an erneuerbaren Energien betrieben werden kann. Dazu braucht es engagierte und gut ausgebildete Fachleute!
  • Weniger Unterwegs-Kilometer pro Person im Alltag, möglichst viel davon zu Fuss und mit dem Velo, falls nötig der öffentliche Verkehr, und wenn es gar nicht anders geht, zum Beispiel ein mit Strom aus erneuerbaren Energien angetriebenes Elektrofahrzeug – das Botschaften für den Verkehrsbereich.
  • Auch wenn vegan und vegetarisch derzeit eigentliche Reizwörter sind: im Nahrungskorb werden zukünftig deutlich weniger Produkte tierischer Herkunft zu finden sein.
  • Papierreduziertes Büro, multifunktionale, langlebige Gadgets, Ressourcenstrategien wie „Von der Wiege zur Wiege“ erfordern ein neues Konsumverhalten, hin auch zu weniger Werbung für nicht wirklich nötige Dinge.