Seit mit swisscleantech ein Wirtschaftsverband „für eine nachhaltige Marktwirtschaft“ eintritt, verschanzt sich der schon uralte Wirtschaftsverband economiesuisse immer mehr in den Düsternissen einer schon fast prähistorisch fossil-nuklearen Sackgassen-Politik. Diese wird bestärkt durch die Berater dieses Verbandes, etwa das eigentümliche „Institut für Wirtschaftsstudien Basel (IWSB)“; dies zeigt sich einmal mehr an der Studie zur Fiskalisierung des Elektrizitätseinsatzes.
Auch wenn dies die politischen SonnenenergielobbyistInnen noch nicht einsehen wollen, hält IWSB zutreffenderweise fest, dass mit einer Subventionswirtschaft die Energiewende nicht zu schaffen ist. Die langfädigen Ausführungen zum „Demontierungsversuch“ gehen allerdings ziemlich daneben, wenn einfach alles unter „Steuern“ abgebucht wird.
Wasserzinsen etwa sind definitiv keine Steuern, sondern stellen eine ansatzweise Internalisierung der externen Kosten der Wasserkraftnutzung dar – genau diese Vorgehensweise empfehlen allerdings IWSB/economiesuisse. Dies ist im übrigen die einzig positive Aussage dieses Berichts – da zeigt economiesuisse ein minimales Mass an Lernfähigkeit. Festzuhalten ist allerdings, dass als erster Schritt der Internalisierung eine Anlastung der direkten Kosten erforderlich wäre. Leider wehrt sich economiesuisse immer noch gegen die wahren Kosten etwa der Atomenergie – Oeffentlichkeit und zukünftige Generationen zahlen erhebliche Summen für die Risikoabdeckung des Betriebs und der „sicheren“ Lagerung des Atommülls. Würde Kostenwahrheit gelten, wäre die Atomenergie schon lange aus dem Markt.
economiesuisse verweist auf das Beispiel Deutschland und behauptet, „die ungebremste Förderung habe die Strompreise in die Höhe und viele Betriebe in die Insolvenz getrieben„. Dummerweise gibt es genügend Quellen aus Deutschland, die aufzeigen, dass es nicht die Förderung der erneuerbaren Energien ist, die zu diesen Problemen geführt hat (wenn sie denn überhaupt so gravierend sind). Das Öko-Institut etwa hat am 11.10.2012 festgehalten: Die Kostensteigerung wird zu etwa 45 Prozent durch die massiv gestiegenen Kosten für Brennstoffpreise auf den globalen Märkten sowie Umverteilungseffekte angetrieben, die entstehen, weil energieintensive Industrie und große Stromverbraucher keine beziehungsweise deutlich geringere Abgaben für die EEG-Umlage zahlen müssen. … Die Analyse zeigt klar, dass Energiewende und Klimapolitik nur für etwas mehr als die Hälfte des Strompreisanstiegs seit 2003 verantwortlich sind.
Es lässt sich auch anders ausdrücken: die Strompreiserhöhungen in Deutschland sind eine Folge der Strommarktliberalisierung – nach der „Sturm-und-Drang“-Phase hat die Stromwirtschaft erkannt, dass Strom viel zu billig ist und teurer werden muss, wenn die Unternehmen nachhaltig betrieben werden sollen. Für das Verschwinden der „kleinen Betriebe“ sind die Erleichterungen für die „Grossen“ verantwortlich – aber genau dies verlangt auch die Studie für die Schweizer Wirtschaft.
Es ist derzeit Wintersaison und damit Slalom-Zeit – genau dies macht auch die IWSB-/economiesuisse-Studie. Einerseits wird zutreffenderweise festgehalten, die Energiestrategie 2025 des Bundes fokussiere auf die Produktionsseite – andererseits wird allein schon mit der Verwendung des Begriffs „Einsparzwänge“ einer Verstärkung der Effizienzpolitik (zum Beispiel über „Gebote und Verbote“) Widerstand entgegengesetzt.
Die Studie plädiert für eine „intensivierte Energieforschung“, suggeriert also, die erneuerbaren Energien seien noch nicht marktfähig. Es ist sicher so, dass noch einiges an Verbesserungspotenzial etwa bei der Fotovoltaik vorhanden ist – Greenpeace weist nach, dass bereits mit der heutigen Technologie der Sonnenenergiestrom-Preis bereits in unmittelbarer Nähe des Strom-EndkundInnen-Preises liegt. Der Hinweis auf den Forschungsbedarf ist angesichts der Realitäten als Bremsmanöver der fossil-nuklearen Wirtschaftsverbände zu verstehen. P.S. Interessanterweise verlangt die IWSB-/economiesuisse-Studie keine entsprechenden Forschungsanstrengungen im Effizienzbereich.
Auch wenn es wie oben festgehalten mit der erstmaligen Nennung der externen Kosten einen Hinweis auf die Lernfähigkeit des fossil-nuklearen Verbandes gibt, lassen auch hier die Formulierungen (es wird etwa von einer „Lenkungssteuer“ gesprochen) an den konstruktiven Absichten der IWSB-/economiesuisse-Studie zweifeln. Es braucht so rasch als möglich eine stark lenkende, vollständig an Haushalte und Wirtschaft zurückerstattete Abgabe auf allen Energieträgern (mit Entlastung der Exporte und Belastung der Importe an der Grenze).
Dass es wirklich Zeit ist, die fossil-nukleare economiesuisse stillzulegen, zeigt die Cleantech Energiestrategie, Version 3.0, 4. Oktober 2012, hier als Copy-Paste „Auf den Punkt gebracht“:
- Ist eine Gesamtenergiestrategie und zeigt einen technisch machbaren und wirtschaftlich attraktiven Weg für den geordneten Ausstieg aus der Kernenergie und aus den fossilen Energieträgern, sowie den Einstieg in ein neues Energiezeitalter auf.
- Orientiert sich an klaren Zielvorgaben bis 2050, inklusive den Klimazielen.
- Wendet den Vollkostenansatz auf alle Energieformen an.
- Berücksichtigt Preis und Qualität der Energie als Entscheidungskriterien.
- Stellt die wirtschaftlichen Chancen für Schweizer Produkte und Dienstleistungen im lokalen Markt sowie bezüglich Exporte ins Zentrum.
- Legt den Fokus auf Energieeffizienz, Erneuerbare Energien, intelligente Netze. Setzt auf einen dezentralen, liberalisierten und internationalen Energiemarkt.
- Beruht auf dem Cleantech Energiemodell und dem in den swisscleantech Fokusgruppen erarbeiteten Wissen.
- Schlägt ein Massnahmenpaket mit kurzfristig umsetzbaren und langfristig wirksamen Implementierungsmöglichkeiten vor.
- Sieht vor, dass ab 2021 die notwendigen Förderinstrumente durch eine umfassende ökologische Steuerreform abgelöst werden.
Es ist mir selbstverständlich bewusst, dass auch die Swisscleantech-Position durchaus gemächlich an die Energiewende herangeht – immerhin gehört die Wende zum Programm und führt nicht in die Sackgasse wie die IWSB-/economiesuisse-Studie (bei der auch noch der VSE und die Interessengemeinschaft Energieintensiver Branchen (IGEB) beteiligt ist). P.S. In Demokratien sind nur gemächliche Veränderungen mehrheitsfähig – selbst dann, wenn die Gemächlichkeit nicht den Erfordernissen (zum Beispiel Begrenzung des Mensch gemachten Klimawandels) entspricht.
Das heisst: einmal mehr ist auch hier die Privatgesellschaft gefordert – es braucht eine Energiepolitik von unten, jede und jeder hat in ihrem/seinem Verantwortungsbereich in Haushalten und Wirtschaft dafür zu sorgen, dass die erforderlichen Schritte unternommen werden! Zur Unterstützung dazu: Energiepolitik for Dummies!