Klimakrise: «radikal» ist im demokratischen Rechtsstaat zwingend

Die Klimastreikenden haben am 25. Mai 2020 den Krisenaktionsplan als gemeinsame Antwort auf die Corona- und die Klimakrise präsentiert. Medien – etwa SRF – haben die Inhalte als «radikale Forderungen» bezeichnet. Nun: die Klimastreikenden hören auf die Wissenschaft, diese fordert «schnelle, weitreichende und beispiellose Veränderungen in allen Bereichen der Gesellschaft» (Oktober 2018). Nun, nach vierzig Jahren eigentlicher Nicht-Klimapolitik ist es eine zwingende Erfordernis, dass sogar demokratische Rechtsstaaten endlich endlich ernsthaften Klimaschutz – Mit dem Ziel Netto oder Brutto Fossile Null möglichst rasch – beschliessen.

Die Realität gerade der Schweiz ist allerdings eine andere, da geht es um «Kompromiste». Die Schweiz wird bereits zu lange von den autokratischen Millionärs- und Milliardärs-Parteien FDP und $VP geprägt – statt eines demokratischen Rechtsstaates ist die Schweiz eine real existierende neoliberale Monekratie, mit Fokus auf kurzsichtigen und egoistischen (finanziellen) Vorteilen. Insbesondere die fossile Wirtschaftslobby hat sich daran gewöhnt, Volksentscheide erheblich mit Fakes und Lügen zu beeinflussen, also vereinfacht gesprochen zu kaufen. Alles, was nicht den  Interessen der finanzkräftigen Fossil-Lobby entspricht, gilt aus Prinzip als radikal, mit den Medien als Sprachrohr.

Ein typisches Beispiel ist die seit etwa 2017 diskutierte Änderung des CO2-Gesetzes. Alle, wirklich alle wissen, dass selbst die Minderheitsanträge, die den Klimaschutz etwas stärker gewichten, nicht ausreichen, um die Klimaschutzziele gemäss des Pariser Klimaschutz-Übereinkommens vom Dezember 2015 zu erreichen. Die FDP hat etwa Ende Mai 2020 mitgeteilt, dass sie das Pariser Klimaschutz-Übereinkommen nicht einhalten will – die FDP-Klimapolitik möchte bloss «der Umsetzung des Pariser Klimaübereinkommens näher kommen».

Ein derartig ungenügender Klimaschutz geht offensichtlich gegen die Interessen der Schweiz und ihrer BewohnerInnen – und entspricht damit nicht den Erfordernissen des demokratischen Rechtsstaates. Der Schweizerische Nationalfonds hat nämlich im Januar 2020 sinngemäss festgehalten: «Wirtschaftliches und sozial verträgliches Aussteigen aus der Kernenergie und der CO2-intensiven Energiewelt ist möglich… wenn wir wollen»! Offensichtlich wollen zumindest die FDP und die $VP den «Ausstieg aus der Kernenergie und der CO2-intensiven Energiewelt» nicht!

Auch die Stellungnahme von sechs Jungparteien getragenen Jungallianz Klima weist in die gleiche Richtung – die Jungparteien von FDP und $VP sind in dieser Allianz nicht vertreten.

Auch die Aussagen von Swisscleantech und CEOs von vielen Unternehmen zeigen, dass ernsthafter Klimaschutz – deutlich weitergehend als die aktuellen Inhalte der CO2-Gesetz-Revisions-Vorlage inklusive Minderheitsanträge – für den demokratischen Rechtstaat Schweiz zwingend ist.

Was zu tun wäre, ist bekannt – der Krisenaktionsplan der Klimastreikenden (siehe oben), eine Expertise im Auftrag von energie-wende-ja und Greenpeace Schweiz oder viele weitere Studien nennen die ernsthaften Klimaschutz-Massnahmen, die eine «schnelle, weitreichende und beispiellose Veränderungen in allen Bereichen der Gesellschaft» möglich machen.


Zwei Beispiele illustrieren die Absurdität der real existierenden schweizerischen Monekratie.

  • Einige Aussagen von Prof. Reto Knutti, Klimaforscher an der ETH Zürich in einem Interview mit der Coopzeitung:
    • Derzeit sind wir sicher nicht auf Kurs, um die in Paris gesetzten Klimaziele – nämlich die Begrenzung auf deutlich unter zwei Grad Erwärmung – zu erreichen.
    • Wir müssen den Treibhausgasausstoss auf netto null senken. 
    • Die Zeit drängt, aber die Wissenschaft kann nichts vorschreiben. Am Schluss muss die Politik entscheiden.

Derartige mentale Sonderleistungen beim Umgang mit kognitiven Dissonanzen fordert diese Monekratie also am Klimaschutz interessierten Menschen ab – mit Nachhaltigkeit und den Menschenrechten ist dies nicht vereinbar! Dazu gehört übrigens auch, dass die Fossil-Lobby-Monekratie es offenbar darauf ausgelegt hat, die Aktivitäten und das Engagement der Klimajugend und ihrer Verbündeten auszusitzen und auszubremsen. Es ist im Hinblick auf einen glaubwürdigen demokratischen Rechtsstaat dumm und blöd, die Fossil-Monekratie einfach so wirken und walten zu lassen. Eine derart offensichtliche Missachtung des freiwilligen und ehrenamtlichen Engagements der Klimajugend und ihrer Verbündeten ist verheerend für die Zukunftsfähigkeit des demokratischen Rechtsstaates. 

  • Auch wenn das «neue CO2-Gesetz» nicht dem Pariser Klimaschutz-Übereinkommen entspricht, soll offenbar die Klimajugend das Referendum dagegen nicht ergreifen (dürfen). Dies selbst im Wissen darum, dass die nicht ausreichend radikale Gletscher-Initative noch Jahre bis zu Volksabstimmung braucht – wir alle müssen also noch Jahre auf eine halbwegs plausible Klimapolitik warten. Das kann nur in einer Monekratie von Gnaden der FDP-$VP-Fossil-Lobby passieren.  

Auch die Medien sind Teil der Monekratie, weil halt die monekratische Fossil-Lobby einiges an Werbegeldern generiert. In Corona-Zeiten haben die Klimajugend und ihre Verbündeten die Regeln des «Physical Distancing» vorbildlich umgesetzt. Vieles an Präsenz und Debatten ist auf digitalen Wegen erfolgt – die klassischen Medien haben diese Form der politischen Klimaschutz-Aktivitäten schlicht ignoriert. Oder braucht es wohl derzeit noch physische Präsenz in der Öffentlichkeit mit der auch bloss geringen Wahrscheinlichkeit von demonstrativen Auseinandersetzungen, um von den klassischen Medien wahrgenommen zu werden? 


Allerdings: die Klimakrise bleibt auch mit der Coronakrise als Krise erhalten. Darum muss der demokratische Rechtsstaat endlich radikalen Klimaschutz beschliessen!