FDP: von Energiepolitik schlicht keine Ahnung

Zwar hat die FDP an ihrer Delegiertenversammlung vom 26. Juni 2010 eine gewisse Lernfähigkeit gezeigt – wie die Details der Beschlüsse zeigen, versteht die FDP schlicht nichts von Energietechnik und Energiepolitik. Was die FDP vorschlägt, stellt eine erhebliche Behinderung des technologischen Fortschritts dar.

Die FDP spricht von einem „Minimalstandard“, welcher Gebäude bis 2040 zu erreichen haben, und meint damit tatsächlich einen absolut ungenügenden energetischen Minimalismus. Die FDP orientiert sich dabei an der MuKEn 2008, den Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich. Obwohl die energietechnischen Vorgaben der Kantone an Gebäude in den letzten Jahren erheblich verschärft wurden – bei Neubauten etwa wurde der zulässige Energieverbrauch zwischen 2000 und 2008 halbiert -, geht die FDP bei Neubauten nur noch von einer geringfügigen weiteren Verschärfung der Vorschriften bis 2040 aus, bei bestehenden Gebäuden („Altbauten“) verbleibt die FDP sogar bei den heutigen Anforderungen. Die Rückständigkeit der FDP-Energiepolitik – im übrigen analog zu jener der kantonalen Energiedirektoren-Konferenz, aber da sind ja viele FDPler mit dabei – zeigt sich auch, dass zur Festlegung des Energiestandards der Verbrauch in Liter Oel pro Quadratmeter angegeben wird, und dies, obwohl bereits heute Neubauten überwiegend nicht mehr ölbeheizt sind, und bis 2040 Heizöl sicher keine tragende Rolle bei Heizung und Wassererwärmung auch von bestehenden Bauten mehr übernehmen wird.

Die FDP bezeichnet bei „Altbauten“ für das Jahr 2040 einen Energieverbrauch entsprechend 9 Liter Heizöl pro Quadratmeter beheizte Fläche als gut – obwohl bereits heute Erneuerungen von Bauten durchgeführt werden, die für Heizung und Wassererwärmung umgerechnet nur 1.5 Liter Heizöl pro Quadratmeter brauchen. In den Jahren 2009 und 2010 erhielten etwa die Planer der Sanierung des Mehrfamilienhauses Feldbergstrasse 4 und 6 in Basel sowohl den Solarpreis als auch den Prix Watt d’Or – nur solche Lösungen können als technologischer Fortschritt bezeichnet werden!

Wenn es heute bereits möglich ist, einen Verbrauch von 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter – dies entspricht 1.5 Liter Oel – selbst im Bestand zu erreichen, ist es eigentlich selbstverständlich, diese Vorgabe zumindest für Neubauten auch gesetzlich zu verlangen, am besten ab sofort, und für umfassende Erneuerungen bestehender Bauten liegt sicher der doppelte Wert als oberster zulässiger Energieverbrauch drin. Aber eben: die Energiedirektoren werden die MuKEn eher nicht entsprechend den technischen Möglichkeiten anpassen. Trauen sie allenfalls dem technologischen Fortschritt nicht? Oder wissen sie, dass es eben auch unter den Fachleuten erstaunlich viele FDP-Mitglieder gibt, leider leider häufig nicht auf der Höhe des aktuellen Fachwissens?

Die hier angesprochenen Aspekte der energetischen Anforderungen sind in der nachfolgenden Grafik dargestellt – einmal mehr wird ersichtlich, dass die Forderungen der FDP den Ist-Zustand zementieren, statt den technologischen Fortschritt zu fördern. Dazu passt auch die unsägliche Initiative der Zürcher FDP „für den Abbau bürokratischer Hürden bei energetischen Gebäudesanierungen„. Mit Klimaschutz hat eine solche Politik nichts mehr zu tun.

Ist eine gute, am technologischen Fortschritt orientierte Energiepolitik überhaupt finanzierbar? Auf jeden Fall, denn bei frühzeitigem Einbezug hoher energetischer Anforderungen liegen die Mehrpreise bei einigen wenigen Prozenten, auch bei umfassenden Erneuerungen, besonders auch dann, wenn noch die eigentlich unnötigen Förderbeiträge einbezogen werden. Und darüber hinaus: der eigentliche Kostentreiber kommt von den Flächenansprüchen – 10 % weniger Wohnfläche pro Person hat wesentlich grössere Auswirkungen auf Gebäudepreise und Mietzinsen als die energetische Qualität der Bauten!

Fazit: die FDP hat von Energiepolitik schlicht null Ahnung – das gilt auch für die FDP-Aussagen zur unnötigen Atomenergie. Nachdem auch bei der Finanzplatz-Politik die FDP nicht in der Lage war, konstruktive Ansätze vorzulegen, fragt man sich immer mehr, wofür es diese Partei überhaupt noch braucht!