Nationale Wahlen 2011: Wahlempfehlung Nationalrat, Ständerat (Kanton Zürich)

Wahlempfehlung: Ständeratswahlen Kanton Zürich, 2. Wahlgang 27. November 2011

Mein Kommentar zum Wahlausgang (23.10.2011)

In einer direkten Demokratie sind die Wahlen in Parlamente zwar von Interesse – da die Stimmberechtigten mittels Initiative und Referendum jederzeit Einfluss nehmen können, bleiben die Stimmberechtigte oberste Gewalt in diesem Land. Somit werden am 23. Oktober 2011 in erster Linie SelbstdarstellerInnen gewählt.

 
Welche PolitikerInnen braucht die Schweiz? Welche PolitikerInnen brauchen die Bewohnerinnen und Bewohner dieses Landes?

Vorerst ist festzuhalten, dass politische Parteien kurzfristige Gruppen-Egoismen vertreten. Langfristige, generelle Ziele – sogenannte „Global Goals“ – sind in der Regel nicht politikfähig. Der Klimaschutz beispielsweise ist ein politisches Nicht-Thema – selbst dann, wenn das Wort „Klimaschutz“ in den Parteiprogrammen abgedruckt wird.

Die real existierende direkte Demokratie Schweizerischer Prägung geht von der Prämisse aus, dass Politik ein Dreckgeschäft ist – die PolitikerInnen sind nicht PolitikerInnen, sondern InteressenvertreterInnen, weil die Sitzungsentschädigungen eher tief sind und ein gesichertes Einkommen nur möglich ist, wenn die Gruppen, deren Interessen vertreten sein wollen, eine Zusatzfinanzierung leisten. Neben der Parteien- und Kampagnen-Finanzierung erfordern auch die PolitikerInnen-Einkünfte und deren Herkunft deutlich erhöhte Transparenz.


Wie wählen? Die meisten Listen sind vollständig mit den Namen von Kandidierenden ausgefüllt – eine Eigenheit des Proporzwahlsystems. Nur die Kandidierenden auf den vordersten Listenplätzen können sich einen Einsitz ins Bundesparlament vorstellen – die anderen sind ListenfüllerInnen, die hoffen, einige Sympathiestimmen für ihre Liste generieren zu können.

Verdeutlichung: Gewählt werden in erster Linie Parteien! Mit Panaschieren (Kandidierende anderer Listen auf der gewählten liste eintragen) und Kumulieren (Kandidierende doppelt auf der Liste aufführen) kann ein gewisser Einfluss auf die Listenplazierung genommen werden. Aber: wer zum Beispiel die Grüne Liste wählt, verzichtet besser darauf, die $VP-Kandidatin, welche auf der $VP-Liste auf Platz 34 (im Kanton Zürich) aufgeführt ist, wegen ihres leicht grünen Engagements auf der ausgewählten Liste zu panaschieren oder gar zu kumulieren.

Angebote wie smartvote.ch sind in erster Linie dafür zu nutzen, herauszufinden, welche Parteien am nächsten bei den eigenen (egoistischen?) Ideen liegt.

Zu einzelnen Parteien:

  • Der vereinigte Parteienblock $VPFDPCVP hat in den letzten Jahren die Wirtschaftspolitik geprägt. Diese kann nicht wirklich als Erfolgsmodell bezeichnet werden. Nach dem Einstein-Wort „Man kann ein Problem nicht mit den gleichen Denkstrukturen lösen, die zu seiner Entstehung beigetragen haben.“ ist also davon auszugehen, dass Stimmen für diesen Block nicht in Richtung einer nachhaltigen Wirtschaftspolitik führen.
  • Eine wirkungsorientierte Ökologie- und Nachhaltigkeitspolitik wird von keiner der Parteien vertreten – „Grün“ im Parteinamen dient in erster Linie der optischen Erkennbarkeit bei den Wahlplakaten.
  • Parteien wie etwa konfessionslose.ch sind als Jux zu betrachten – um der Ressourcenverschwendung vorzubeugen, sind die nicht benötigten Wahlzettel direkt dem Altpapier zu übergeben.
  • Die $VP kann schon lange nicht mehr als demokratische Partei bezeichnet werden – statt sie an (gekauften) Wahlen teilnehmen zu lassen, sollte diese von Milliardären und frustrierten Alt-Politikern gesponserte Wahlplattform endlich verboten werden.
  • Wie die Vorgeschichte der Nomination der für die SP-Liste Kandidierenden zeigt, geht es auch der SP um Gruppenegoismen – kombiniert mit Hedonismus und LOHAS-Feeling.

Für die Nationalatswahlen im Kanton Zürich ist tendenziell die Grüne Liste (Liste Nummer 4) allen anderen vorzuziehen – mit gelegentlichen Kumulationen/Panaschierungen etwa von der SP-Liste.


Ständerat

Hier ist vorerst die Unsitte zu bemängeln, dass diverse Parteien eine Ständeratskandidatur ausschliesslich für Marketingzwecke für die Nationalratswahlen verwenden. Ich gehe davon aus, dass die Ständeratswahlen im ersten Wahlgang, also nach dem Majorzprinzip, entschieden werden sollten. Ich empfehle, von der grossen Zahl an Kandidierenden im Kanton Zürich nur Balthasar Glättli auf den Wahlzettel zu schreiben. Die anderen Kandidierenden inklusive den Bisherigen vermögen mich nicht zu überzeugen. P.S. Die zweite Linie bleibt nicht leer – ich schlage vor, den Namen einer wählbaren, aber nicht offiziell für den Ständerat kandidierenden Person zu notieren.


Als parteiischer Mensch habe ich keine Informationsverpflichtung. Wer noch weitere KandidatInnen-Namen für die Zürcher Ständeratswahlen sucht oder weitere Listenempfehlungen für den Nationalrat, wird bei votez.ch fündig (Warnung: kommt besserwisserisch und überheblich daher, mit in der Tendenz apolitischen Einschätzungen. Und was bedeutet schon der ganze Begriffssalat mit „Urban“, z.B. im Spannungsfeld „Bürgerlich – Urban – Undogmatisch“).

 


 
Wo gibt es (frühestens ab 23.10.2011, 12 Uhr) Hochrechnungen und (noch später) Ergebnisse der National- und Ständeratswahlen?


1. Fassung 27. September 2011

4 Gedanken zu „Nationale Wahlen 2011: Wahlempfehlung Nationalrat, Ständerat (Kanton Zürich)“

  1. Toni, Du verstehst doch die Wahlarithmetik besser als Du hier zugeben magst: Die Listenverbindung konfessionslose.ch-Piraten-AL holt fast sicher einen Sitz. Es liegt an den WählerInnen zu entscheiden, welche der drei Gruppen jemanden nach Bern schicken kann. Mit grösster Wahrscheinlichkeit wird der oder die Gewählte zuerst bei der Grünen Fraktion anklopfen. Das müsste einem Umweltpolitiker wie Dir doch eigentlich ganz recht sein.

  2. ich bleibe dabei – konfessionslose.ch ist ein schäbiger Etikettenschwindel. Das fängt beim unsinnigen Namen an und hört nicht damit auf, Legitimation für konfessionell konditionierte Parteien zu sein. Ehrlicherweise ist ein Wahlcouvert mit mehr als 30 Listen wie im Kanton Zürich deftiger Nonsense. Tja, wenn diese Listenverbindung einen Sitz holt, ist dies für mich einmal mehr eine Bestätigung für die beliebigkeitsfördernde Wirkung der Demokratie.

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