Kanton Zürich nach den Volksabstimmungen vom 15.5.2011: Einmal mehr ein Stadt-Land-Graben!

Die Stimmberechtigten der Stadt Zürich haben am 15. Mai 2011 genau so abgestimmt, wie ich es vorgeschlagen habe – die StadtzürcherInnen wurden allerdings in einigen Fällen von den Stimmberechtigten zum Teil deutlich überstimmt. Einmal mehr also ein Anlass, die Bildung eines Kantons Zürich Stadt voranzutreiben!

Die Stadt Zürich stimmt beim Krankenversicherungsgesetz und bei der Volksinitiative „JA zur Mundart im Kindergarten“ genau umgekehrt ab wie der Kanton, und entscheidet sich bei den anderen Vorlagen deutlicher als der „Restkanton“ (siehe bezirksweise Abstimmungsergebnisse beim kantonalen Amt für Statistik). Festzuhalten ist, dass derart systematische Unterschiede nicht etwa den Förderalismus bestärken, sondern die direkte Demokratie erschweren. Die Stadt Zürich wäre als Kanton Zürich Stadt grösser als 17 anderer Kantone – oder anders: es gibt inklusive den „Rest“-Kanton Zürich nur sechs Kantone, die bevölkerungsmässig grösser als die Stadt Zürich wären. Der „Rest“-Kanton erschwert es der Stadt Zürich erheblich, eine unter allen Aspekten nachhaltige Politik zu betreiben.

Die Details:

  • Bei der Vorlage 1.A. (Steuergesetz) überstimmt die Stadt Zürich den „Rest“-Kanton: in der Stadt Zürich stimmen 57.7 % der Stimmberechtigten gegen die Gesetzesänderung, im Restkanton sind 51.6 % für die Vorlage. Dies führt in der Summe zum knappen Nein von 49.2 %.
  • Bei der Aenderung des Krankenversicherungsgesetzes stehen 51.8 % städtische Neins 57.9 Prozent restkantonale Ja gegenüber, was zu einem summierten Ja-Anteil von 55.5 % führt.
  • Beim Mundart-Zwang im Kindergarten sagt die Stadt mit einem Anteil von 58.3 % deutlich Nein, mit 58 % Anteil sagt der Restkanton ebenso deutlich Ja – dies ergibt in der Endabrechnung ein eher deutliches Ja.

Mit dem Ja zur Reduktion der (sozialverträglichen) Krankenkassen-Prämienverbilligungen steigt der Druck, aus dem „Krankheitswesen“ endlich ein Gesundheitswesen zu machen.

Dialekt im Kindergarten ist definitiv eine Forderung gegen die Integration, fördert die Ausgrenzung. Der nächste Schritt der InitiantInnen dürfte wahrscheinlich sein, dass von den Lehrkräften „autochthone“ Mundart-Kenntnisse verlangt werden.

Das Nein der Stimmberechtigten zu allen drei Steuervorlagen verlangt dringlich nach einer ökologischen Steuerreform auch im Kanton Zürich.

Das deutliche Ja der Stimmberechtigten zum Finanzausgleichsgesetz, aber noch viel klarer das deutliche Nein zum $VP-FDP-Zechpreller-Vorschlag von der Goldküste zeigen, dass sich die Stimmberechtigten eine noch stärkere Ausprägung des Finanzausgleiches zugunsten der Finanzierung der Zentrumslasten der grossen Städte vorstellen können.

Das deutliche, nicht durch den Stadt-Land-Graben geprägte Nein der Stimmberechtigten zu den Sterbehilfe-Verhinderungs-Initiativen weist darauf hin, dass die ZürcherInnen den freien Willen des Individuums über das eigene Lebensende respektieren – auch als klares Signal sowohl gegenüber der nationalen als auch der internationalen Politik.


Es fällt auf, dass regelmässig Goldküstengemeinden die letzten sind, die die Abstimmungsergebnisse an den Kanton abliefern – das kann kaum Zufall sein!


Kommentar zu weiteren Abstimmungen in Schweizer Kantonen und Städten: Noch ein sehr weiter Weg zur Nachhaltigkeit