Nationale Wahlen: völlig losgelöst

Die nationalen Wahlen haben regelmässig groteske Begleiterscheinungen. Beispielsweise de zahllosen Ständeratskandidaturen, welche zum Vorneherein chancenlos sind, aber vermeintlich Einfluss auf die Nationalratswahlen haben. Oder die regelmässigen Berichte, so und so viele Menschen wollten nach Bern (respektive in den Nationalrat gewählt werden) – dabei ist klar, dass bei sämtlichen Parteien die überwiegende Zahl der Kandidierenden ListenfüllerInnen sind. Immer wieder amüsant sind Nonsense-Listen – diesmal etwa konfessionslose.ch. Wie immer erschreckend ist die $VP.

Auch wenn die unmittelbare Bedeutung der Religionszugehörigkeit in Politik und Gesellschaft richtigerweise immer mehr abnimmt, ist die Liste konfessionslose.ch ein völlig falsches Signal:

  • Vorerst ist der Begriff „konfessionslos“ nicht eindeutig. „Konfessionen“ sind „Untergruppen innerhalb einer Religion“ (Quelle: wikipedia). Konfessionslose sind somit wortwörtlich nicht Teil einer der Untergruppen, sondern bezeichnen sich als der Religion zugehörig. Dazu zählen somit etwa die Freikirchen. Die Texte und Aussagen der ListenfüllerInnen auf konfessionslose.ch zeigt allerdings, dass ein Gegensatz zwischen Aufklärung und Religion konstruiert wird, und dass die Errungenschaften der Aufklärung einzig den „Konfessionslosen“ zugeordnet werden. Das ist eine offensichtliche Geschichtsklitterung und geht an den Realitäten vorbei. Aber lassen wir das. Was bleibt: der Begriff „Konfessionslose“ ist unbrauchbar.
  • „Konfession“ steht für Bekenntnis. Konfessionslos bedeutet also „ohne Bekenntnis“. Überraschenderweise findet sich dann auf der Internet-Seite konfessionslose.ch ein Reiter „Positionen“ – etwa auf dem Niveau der Argumentationen der Jungfreisinnigen im Zusammenhang mit der geplanten Initiative zur Abschaffung der Kirchensteuer für juristische Personen. „Positionen“ sind durchaus als Synonym zu verstehen zu „Bekenntnis“ oder eben „Konfession“ – auch hier funktioniert also „Konfessionslose“ nicht.
    Im übrigen: Layoutmässig lehnt sich die Internet-Seite an das Erscheinungsbild der hedonistischen Beliebigkeits-Buskampagne „Da ist wahrscheinlich kein Gott“ an.
  • Nun, nehmen wir mal gutmütigerweise an, konfessionslose.ch wolle einen Gegenpol zu Parteien wie CVP, EVP oder EDU setzen – mit der Hoffnung, die „Konfessionsgebundenheit“ in Frage zu stellen. Dummerweise passiert genau das Gegenteil. Denn: die Mehrheit der Parteien kennt KEINE Konfessionsaussagen – mit konfessionslose.ch wird postuliert, dass Konfession oder eben Konfessionslosigkeit relevante Grössen für die Profilierung von Parteien/Gruppierungen und Personen sind. Aus meiner Erfahrung: die Konfession führt weder in der Gesellschaft, in der Wirtschaft oder in der Politik zu relevanten Haltungs- und Positionsunterschieden!

P.S. Um dies nochmals klar festzuhalten: auch ohne Trennung von Kirche und Staat ist ein ethisch-moralischer Positionsbezug ohne metaphysischen Hintergrund zwingend erforderlich, nicht zuletzt deshalb, weil sich das „himmlische Bodenpersonal“ nicht wirklich als zukunftstauglich erweist. Ob es dazu allerdings konfessionslose.ch wirklich braucht?


Wenn konfessionslose.ch noch einen gewissen Unterhaltungswert hat, ist die $VP als Dauerwahlkampf-Maschine erschreckend. Einmal mehr: diese Partei ist zu verbieten!

Einen „Vertrag mit dem Volk“ haben die $VP-KandidatInnen geschlossen – ein solcher verstösst allerdings gegen die Bundesverfassung. Vorerst: die Verfassung nennt als ziemlich abstrakten Begriff „Schweizervolk“, nicht aber „Volk“. Mit Sicherheit ist „das Volk“ nicht vertragsfähig. Denn: die Stimmberechtigten (und zum Teil die Stände) bestimmen in ihrer Mehrheit über Gesetze und Verfassungen – Verträge sind nicht vorgesehen als politische Instrumente! Diese Verträge stellen also ausschliesslich eine Selbstbindung der Kandidierenden dar. Womit wir wieder beim Instruktionsverbot für ParlamentarierInnen sind! In Art. 161 Absatz 1 der Bundesverfassung ist das Instruktionsverbot festgeschrieben: Die Mitglieder der Bundesversammlung stimmen ohne Weisungen. Die im „Vertrag mit dem Volk“ festgeschriebene Selbstbindung stellt offensichtlich eine solche verbotene Instruktion dar. Dieser „Vertrag mit dem Volk“ ist somit ein Verstoss gegen die Verfassung – eine Partei, die solches Tun von ihren potentiellen ParlamentarierInnen verlangt, fordert offensichtlich zum Verfassungsbruch auf. Somit ist klar, dass die $VP von Amtes wegen von den Wahlen ausgeschlossen werden muss.