Nicht nur in der Klimapolitik: News-Diät oder Willensgesellschaft?

Etwa 36 Prozent der Menschen in der Schweiz gelten als als News-Deprivierte. Sie sind mit News unterversorgt oder betreiben News-Abstinenz, möglicherweise angelehnt an die von Rolf Dobelli postulierte radikale News-Diät. Dazu kommt, dass «globale» News einfacher den Zugang zu den News-KonsumentInnen finden als lokale Nachrichten. Gerade im Zusammenhang mit der Klimapolitik: versteht sich unsere Gesellschaft immer noch als Wissensgesellschaft, orientiert sie sich weiterhin an Fakten oder doch lieber an Fakes und Lügen?

«News schaden Ihrer emotionalen Gesundheit und Ihrem Wohlbefinden.» So steht es auf einem «wilden» Plakat in der Nähe des Bundeshauses in Bern. Die Geschichte erzählt immer wieder vom Schicksal der News-ÜberbringerInnen, besonders wenn es schlechte News waren. Regelmässig stellen nämlich News vorgefasste Meinungen und Haltungen in Frage – wenn die Botschaft der News beachtet wird, braucht es mehr oder weniger umfassende Veränderungen, die sich auf den Alltag erheblich auswirken können. Die News etwa zur Entwicklung des Klimas auf der Erde sind unmittelbar mit der Botschaft verbunden, dass  «schnelle, weitreichende und beispiellose Veränderungen in allen Bereichen der Gesellschaft» (Weltklimarat IPCC, 2018) als Antwort auf die Klimakrise erforderlich sind.

«Werbung führt zu starker Unzufriedenheit und zwanghaftem Konsumverhalten.» steht als zweiter Satz unmittelbar bei der Plakat-Aussage zu den News. Anfangs Oktober 2019 wurde über eine Studie berichtet, die die gesundheitliche Auswirkungen des Fleischkonsums deutlich relativiert. Kurz darauf sind andere Artikel zu lesen, die eine begründete Gegenposition vertreten, etwa mit dem Titel «Nein, rotes Fleisch ist nicht gesund», verbunden mit dem Hinweis, dass die Studie gesponsert sei von der Rinderzuchtlobby.

Werbung, Lobbying, Public Relations/PR, Marketing, Propaganda sind voraussichtlich immer auch Absicht und Inhalt von News. Dabei geht es regelmässig sowohl um Anliegen im Sinne und im Interesse der Gesellschaft als auch um egoistische Einzel- und Gruppen-Interessen. Wenn wir echten Klimaschutz betreiben, gibt es neben dem gesellschaftlichen Nutzen der Verminderung der Klimakrise auch Unternehmen, die davon profitieren, etwa die zukunftsgerichteten Betriebe der Bauwirtschaft oder der Sonnenenergie-Branchen. Aber: es gibt auch klare VerliererInnen, nämlich jene der fossilen Misswirtschaft.

Eine typische Situation bei News: da lese ich in der Zeitung, sowohl in gedruckter wie in digitaler Form, einen Artikel zum Klimawandel. Auf der gleichen Seite finden sich Inserate, die für grosse Autos, weite Flugreisen oder lange Kreuzfahrten werben. Wie kommt diese Kombination bei den Leserinnen und Lesern an?

«Die Schweiz hätte alles, um den Klimawandel zu bekämpfen: Geld und Wissen. Was fehlt, ist der Wille.» sagte ETH-Klimaforscher Prof. Reto Knutti am 18. Oktober 2019 am Klimatalk an der Hochschule Luzern HSLU.

Zur Formung und Umsetzung dieses Willens können News eine beachtliche Wirkung haben. In guter Form sollte es möglich sein, die emotionale Gesundheit und das Wohlbefinden zu steigern. Kluge Elemente der News, als Werbung verstanden – verbunden mit weiteren Kommunikationselementen aus dem PR- und Marketing-Bereich – können zur Zufriedenheit und zum nachhaltigen Konsumverhalten beitragen.

Anstelle News-Depriviertheit und News-Diät ist ein zukunftsfähiges Newsangebot im Sinne der Wissens- und Willensgesellschaft anzustreben. 


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