Wärmepilze – Teufelszeugs oder energiepolitische Non-Valeur?

Die SVP-dominierte Energiepolitik des Kantons Zürich zeigt am Beispiel der Wärmepilze, in welchen Sackgassen die SVP-Klimawandelleugner und -Climate Criminals stecken. Klar ist: es braucht endlich eine Energiepolitik, die sich an den Zielen und nicht an den Massnahmen orientiert – und es braucht dringend eine stark lenkende Energieabgabe!

Nach einigen durchaus wohlwollenden Artikeln zur 2000-Watt-Gesellschaft ist der Auto-Anzeiger, früher Tages-Anzeiger, wieder in die alte Masche des 2000-Watt-Gesellschaft-Bashing verfallen. Die absurden Diskussionen in der kantonsrätlichen KEVU nimmt Benno Gasser zum Anlass, den GegnerInnen von Heizpilzen zu unterstellen, sie meinten, es handle sich bei Wärmepilzen um „Teufelszeug“ und sie würden die 2000-Watt-Keule schwingen.

Vorerst einige Fakten zu den Wärmepilzen, oder zu den Heizpilzen, wie sie auch genannt werden. Der Fall ist völlig klar: auch wenn der entsprechende Artikel des heutigen Energiegesetzes sprachlich wirr und unverständlich ist: Heizpilze SIND im Kanton Zürich seit mindestens 1995 VERBOTEN! Die aktuelle Vorlage des Regierungsrates zur Aenderung des Energigesetzes ist also eine erhebliche Aufweichung des doch schon seit mindestens 15 Jahren in Kraft stehenden Energiegesetzes.

Aus fachlicher Sicht (Energietechnik und Komfort gehören zu meiner Grundausbildung): Wärme- oder Heizpilze sind ein technischer Unsinn! Abgesehen davon, dass sie einen übermässigen Energieverbrauch generieren: die produzierte Wärme hat nichts mit Komfort zu tun. Es handelt sich dabei um Strahlungsheizkörper, diese haben zur Folge, dass der Körper auf der dem Strahlungsheizkörper zugewandten Seite sehr heiss wird, aber auf der von der Strahlung abgewandten Seite keine Wärmestrahlung empfängt. Das heisst: entweder rotiert mensch wie ein Poulet am Spiess vor dem Heizpilz, was beispielsweise nicht gerade gesprächsfördernd ist, oder man wird einseitig übeheizt respektive ausgekühlt. Klar ist: wer behauptet, ein Wärmepilz sei ein Komfortbeitrag, lügt ganz einfach! Oder im Bezug auf die Gastonomie: ich meide aus Prinzip Lokale mit Wärmepilzen, weil ich diese für ungastlich halte, und befürchten muss, dass ich nicht nur wärmekomfortmässig belogen werde, sondern auch im Bezug auf die eigentliche Gastronomie. Dass es jetzt Wärmepilze gibt, die mit „erneuerbaren“ Energien betrieben werden können, macht den Schwindel nicht besser, im Gegenteil! Da Ehrlichkeit bekanntlich ein Nachhaltigkeitsansatz ist, gehe ich davon aus, dass die Wärmepilz-Lobby ein modische Sache ist und all diese Lügenbarone sehr schnell sehr still werden. Wie diese Lügenbarone insbesondere von der SVP den Stimmberechtigten erklären wollen, dass man an einzelnen Orten ganz strenge Vorschriften braucht, während man an anderen Orten energieverschwenderisch sein kann, dieses Problem muss ich glücklicherweise nicht lösen.

Die Vorgaben der 2000-Watt-Gesellschaft beantworten die Frage nicht, ob Wärmepilze zulässig sind oder nicht. Zukünftig 2000 Watt mittlere Primärenergie-Dauerleistung pro Person bei einer Treibhausgas-Emission von höchstens einer Tonne CO2-Äqueivalente-Emission pro Person und Jahr – je um Faktoren von den heutigen Werten entfernt – dies sind zielorientierte Vorgaben. Konkret heisst dies: eine Gesellschaft, die Wärmepilze trotz der Lügenbaron-Geschichten dahinter will, hat dafür zu sorgen, dass diese zusätzliche Emissionen an einem anderen Ort kompensiert werden. Wer behauptet, da würde die 2000-Watt-Keule geschwungen, hat das Prinzip hinter der 2000-Watt-Gesellschaft nicht verstanden (und würde daher besser dazu schweigen). Als aufsummierte Grössen erfordern die Zielvorgaben der 2000-Watt-Gesellschaft halt einmal mehr Ehrlichkeit!

Nun sind derzeit die Climate Criminals ziemlich zahlreich. Viele behaupten, sie könnten oder wollten oder müssten gar nicht den Ausstoss von Treibhausgasen vermindern – interessant etwa, dass bei den aktuellen Diskussionen über die Zukunft des Flughafens Zürich das Thema Klimaschutz gar nicht vorkommt, obwohl der Flugverkehr in beachtlichem Umgang zum Mensch gemachten Klimawandel beiträgt.

Somit ist die Sache ganz klar: wer behauptet, Wärmepilze seien energiepolitisch unbedeutend, ist nur ehrlich und glaubwürdig, wenn die aktuelle massnahmenorientierte Energiepolitik endlich endlich abgelöst wird durch eine zielorientierte Energiepolitik. Dies könnte etwa so aussehen (es folgen lauter Verweise auf www.umweltnetz.ch – die Bausteine zu einer solchen Energiepolitik sind schon länger formuliert):

Es ist wieder einmal mehr festzuhalten: im Gebäudebereich ist der Kanton Gesetzgeber für die energetischen Vorschriften. Objektiverweise nimmt der Kanton seine energiepolitische Eigenverantwortung nicht wahr.

Als zweitoberste Instanz des Kantons ist nun der Kantonsrat (oberste Instanz sind die Stimmberechtigten) gefordert: am einfachsten wäre es, die vom Regierungsrat vorgelegte Revision des Energiegesetzes zurückzuweisen und – zum Beispiel mittels einer parlamentarischen Initiative – ein neues Energiegesetz zu verlangen, welches Wirkungsziele und nicht Detailmassnahmen vorgibt. Wenn dies der Kantonsrat nicht tut, signalisiert er damit, dass er weiterhin nur symbolische Energiepolitik betreiben möchte – allerdings verbunden mit der Botschaft, dass unsinnige Energieverschleuderungen im Stile der Wärmepilze energiepolitisch gefordert sind! Ob sich da der Kantonsrat bewusst ist, welche Präjudizien auf diese Art geschaffen würden?