Der Tages-Anzeiger outet sich definitiv als Auto-Anzeiger

„Sie fahren trotzdem im Auto zum Zoo“ – so titelt Tages-Anzeiger-Mitarbeiter Patrick Kühnis am 22. November 2008, eine Woche vor der Abstimmung über die VCS-Initiative, im Tages-Anzeiger. Nur einen Tag nach der wiederholten Beilage einer Off-Roader-/SUV-Beilage, bei gleichzeitigem Werbespot „tagesanzeiger.ch fährt BMW von Binelli & Ehrsam AG – Freude am Fahren“ outet sich der Tages-Zeiger und damit die tamedia-Gruppe als von der Automobilwirtschaft fremdgesteuert.

Es gibt nicht wenige Schweizer Familien (d.h. mit Kindern), die auch ohne Auto mobil sind, und locker auch während der Freizeit, also beispielsweise für einen Zoo-Besuch mit der ganzen Familie, bestens mit dem öffentlichen Verkehr schaffen. Herr Kühnis schreibt beispielsweise, es sei mühsam, mit Sack und Pack nach Zürich zu reisen, durch den Hauptbahnhof zu hetzen und dann die richtige Tramhaltestelle zu finden. Dieser Herr hat schlicht keine Ahnung und spricht auf keinen Fall aus Erfahrung. Im Gegenteil: Zugfahrten sind höchst erholsam, gerade auch mit kleinen Kindern, sie sind zudem ein Genuss für die Kinder selber (auch ohne Spielwagen). Durch den Hauptbahnhof hetzen? Richtige Tramhaltestelle finden? Herr Kühnis, wann waren Sie das das letzte Mal im Hauptbahnhof? Der Hauptbahnhof ist bestens ausgeschildert, aus der Haupthalle gibt es sogar einen niveaufreien Uebergang (d.h. kinderwagentauglich) zur Haltestelle des 6er-Trams, welches zum Zoo fährt. Und dies alles lässt sich schon vor der Reise erkunden, zum Beispiel auf der Internet-Seite der SBB: da gibt es einen Uebersichtsplan. Ganz easy also!

Allerdings: wer dann bei der Haltestelle Zoo aussteigt, ist eben noch nicht beim Zooeingang! Ganz im Gegensatz zu all den unsensiblen ZeitgenossInnen, die per Auto anreisen – weil die so völlig orientierungslos sind, gibt es Parkplätze direkt beim Zooeingang, und es gibt noch extra einen Shuttlebus zum Parkplatz beim Dolder. Stimmt schon: 300 Meter sind kein Problem, für ÖV-benutzende Familien erst recht nicht. Aber dann sollten sie es auch für Autofahrende nicht sein – eigentlich sollte der nächstgelegene Parkplatz mindestens so weit entfernt sein wie die nächstgelegene Tram-Haltestelle.

Oder anders: da die Benutzung des öffentlichen Verkehrs klug ist, da sich das klimaschonende eigenverantwortliche Handeln bestens mit dem Arterhaltungsauftrag des Zoos verträgt, ist die Verlängerung des Trams bis zum Zooeingang genau jene Wertschätzung, die es braucht, um erstens bisherige ÖV-BenutzerInnen in ihrem Verhalten zu bestätigen und zweitens bisherige AutofahrerInnen dazu zu bringen, endlich auch auf eine sinnvollere Fortbewegungsart zum Zoo umzusteigen (das tun sie spätestens nach der einmaligen Erfahrung, dass Autofahrende beim Zoo nicht (mehr) willkommen sind, siehe dazu auch die Erfahrungen aus der Stadt mit Strassensperrungen wegen Bauarbeiten). Der Wegfall der Parkplätze beim Zoo ist dringend, nicht zuletzt auch als Botschaft des Zoos, dass neben der direkten Arterhaltungs-Aktivitäten auch Klimaschutzmassnahmen vieler eigenverantwortlich handelnden Einzelpersonen auch zur Arterhaltung beitragen!

P.S. Da steht auf der Leserbrief-Seite vom 22. November, dass der Einsendeschluss für Abstimmungs-Leserbriefe schon am 19. November 08 war – und einige Seiten weiter vorne steht trotzdem ein Redaktionskommentar zur Abstimmung. An einer echten inhaltlichen Auseinandersetzung ist also dem Tages-Anzeiger nicht gelegen – die Redaktion behält sich das letzte Wort vor – und tut dies auch ohne Rücksicht auf inhaltliche Korrektheit oder Plausibilität der Argumentation! Darum am 30. November 2008: Ja zur VCS-Volksinitiative mit dem Tram direkt zum Zoo!