Nachhaltige Nachhaltigkeits-Politik

Politik ist, wie man weiss, nicht gross angesehen. Zu recht – wie immer wieder exemplarische Beispiele selbst in der Schweiz zeigen – gekaufte Volksabstimmungen etwa! Ein neueres kleines Beispiel illustriert, dass selbst Zürcher Regierungsräte vor Lug und Trug nicht zurückschrecken – oder vielleicht illustrieren sie bloss das Image des schlechten Verlierers.

Die Grünen haben auf kantonaler Ebene vor einiger Zeit eine Volksinitiative eingereicht – Lenkungsabgabe auf Strom zur Förderung von erneuerbaren Energien. Nun weiss man zwar seit langem, dass solche Förderbeiträge vor allem Marketing-Mittel sind, knapp dafür geeignet, beispielsweise fachlich inkompetente Beratung durch einzelne Berufsgruppen zu kompensieren. Nicht ohne Grund haben die Grünen auf nationaler Ebene vor längerer Zeit ein Initiativen-Paket „Energie statt Arbeit besteuern“ für sehr starke ökologische Lenkungsabgaben eingereicht – wahrscheinlich zu früh, um von der Mehrheit sowohl der Bevölkerung als auch der Politik verstanden zu werden. Somit machen halt jetzt auch die Grünen mit im Folklore-Energie-Subventions-Dschungel in unguter Erinnerung an die Landwirtschaftssubventionen vergangener Jahrzehnte.

Auf diese populäre Initiative passte ein Gegenvorschlag – einfach einen Rahmenkredit für Energiesubventionen, den der Regierungsrat dem Kantonsrat vorgelegt hatte, kräftig aufstocken – und schon zogen die Grünen ihre mit viel Mühe und Aufwand erarbeitete Initiative zurück. Was man schon wusste: der Regierungsrat, insbesondere der SVP-Mann Markus Kägi, war alles andere als begeistert über dieses zusätzliche Geld für Marketing-Leistungen zugunsten mehr Energieeffizienz und Klimaschutz.

Der Regierungsrat sieht wegen der absurden Steuerpolitik (siehe Nachhaltig schädlich: budgetierte Zechprellerei) ein riesiges Finanzierungsloch für öffentliche Aufgaben, erfindet ein mindestens so absurdes SAN10-Programm. Und da trägt natürlich Schon-Fast-Climate-Criminal Markus Kägi sehr sehr gerne etwas bei, nämlich die von ihm abgelehnten, aber von der Kantonsratsmehrheit gewünschten zusätzlichen Mittel für die Umsetzung der kantonalen Energiepolitik – flugs wird diese Position im Prozess für das Budget 2011 geradezu abgefackelt. Im übrigen: angesichts des Standes der kantonalen Energiepolitik wären diese Marketing-Mittel sehr willkommen. Ob wohl deshalb entgegen den Tatsachen der Regierungsrat behauptet hat, die kantonale Energieplanung sei auf Kurs? So billig und verlogen hat wahrscheinlich noch keine Regierung und kein Parlament eine Volksinitiative abgetischt, mit voraussichtlich bleibendem Vertrauensschaden sowohl in die Politik insgesamt wie auch in Exekutive und Legislative!

Was sollten die Lehren sein für die Politik von Parteien, die mittel- oder längerfristig eine hart definierte nachhaltige Gesellschaft anstreben wollen?

Vorerst dies: Initiativen sind erfunden worden, um die direkte Demokratie voranzubringen. Unabhängig vom Ausgang ist eine Volksabstimmung über eine eigene Volksinitiative einem schäbigen, ungesicherten Gegenvorschlag immer vorzuziehen.

Volksinitiativen sollten nicht Instrumente – wie in diesem Beispiel Förderbeiträge – zum Inhalt haben, sondern visionäre Würfe, zukunftsgerichtete Politikprojekte. Es kann nicht nur an den Mehrheitsverhältnissen liegen, dass die Stadtzürcher Stimmberechtigten mit 76.4 Prozent Ja-Anteil der Verankerung der 2000-Watt-Gesellschaft in der Gemeindeordnung zustimmen (inklusive mittelfristigem Ausstieg aus der Atomenergie), während der Zürcher Regierungsrat Markus Kägi ohne grössere öffentliche Resonanz so quasi – geradezu an der Politik vorbei – den Auftrag zur Erstellung eines neuen AKWs erteilt.

Förderbeiträge sind mit Sicherheit kein echt politisches Thema – es geht hier um Systemoptimierung. Um die Optimierung eines Systems zudem, welches angesichts des massiv übermässigen ökologischen Fussabdrucks so oder so nicht zukunftsfähig ist. Also kaum ein geeignetes Politikfeld für nachhaltige Nachhaltigkeitspolitik! Es führt gerade für die für die Gesellschaft zentrale Energiepolitik nichts daran vorbei, dass LOVOS (Lifestyle of voluntary simplicity) – der Wechsel zu einem Lebensstil der freiwilligen Einfachheit, gerade auch durch visionäre Grüne vorangebracht werden muss – wie etwa die Empfehlung von Bastien Girod zum Green Chance – vom Neid zum Glück.