Die Mitglieder des Gemeinderates stimmen ohne Instruktionen.

So steht es in der Gemeindeordnung der Stadt Zürich in Art. 23bis. Die Gemeindeordnung ist das oberste Gesetz, die eigentliche Verfassung der Stadt Zürich. Bei der Gemeinderatsdebatte für das Budget 2011 der Stadt Zürich wurde massiv gegen diese von den Stimmberechtigten der Stadt Zürich im Jahr 1977 beschlossene Bestimmung verstossen: die Vereinbarungsdiktatur von $VP, FDP, EVP, CVP und GLP hat gegen jede Vernunft und gegen jeden Anstand ein sinnloses Budget beschlossen. Zuerst wurde der Stadtrat zu einer angesichts der Finanzsituation der Stadt Zürich absolut unnötigen Erbenzählerübung gezwungen, dann hat diese Demokratiekiller-Koalition ohne jegliche inhaltliche Kompetenz und unter sträflicher Ausserachtlassung der gemeinderätlichen Budgethoheit völlig unbesehen selbst Anliegen im Interesse der eigenen Wählerschaft unberücksichtigt gelassen. Wieder einmal sechs Ratssitzungen mit billigster Realsatire.

Es war schon bei der Rückweisung des Budgets im Dezember 2010 klar, dass diese Rückweisung illegal ist, da sie aufgrund der Missachtung des Instruktionsverbots zustande gekommen ist. Die Medienberichterstattung hat weitere Belege für den massiven Verstoss gegen das Instruktionsverbot aufgedeckt:

  • Votum Claudia Rabelbauer, EVP: «Es tut mir weh, die Lunchchecks streichen zu müssen, … aber ich werde nicht abweichen»
  • Tagesanzeiger, 23.3.2011: Peter Anderegg blieb bei seiner Meinung. Er hatte nach der Budgetrückweisung im letzten November zusammen mit den Fraktionschefs der Koalitionspartner eine Vereinbarung unterschrieben, alle Sparvorschläge des Stadtrats zu akzeptieren. Dieses Versprechen will er halten – auch an der heutigen Sitzung.
  • Tagesanzeiger, Liveticker 23.3.2011, als Hinweis auf ein Votum von Jacqueline Badran, SP: Es sei … ehrlich, «wenn er [Daniel Meier, CVP] zugibt, in der Geiselhaft» der SVP zu sein.

Passend zur demokratiefeindlichen Instruktionspolitik der SVP: die Sitzungsleitung durch SVP-Gemeinderätin Marina Garzotto. Es ist wieder einmal festzuhalten: der Gemeinderat ist gewählt vom Souverän, von den Stimmberechtigten. Wenn die Stimmberechtigten der Versammlung beiwohnen, ist es peinlich, wenn die Präsidentin eine stumme Zuhörerschaft verlangt – Demokratie erfordert zwingend Echo! Da die Zuhörenden zudem auf einen entfernten Balkon plaziert werden, zeig sich einmal mehr die Unzweckmässigkeit des denkmalgeschützten historischen Zürcher Rathauses: es braucht endlich ein neues Haus der Demokratie in Zürich!

Wenn sich bei den PolitikerInnen, deren Engagement für bessere Lösungen dauernd an der Ignoranz-Betonmauer der Vereinbarungsdiktatur verpufft, Frustration breit macht, gibt es eigentlich nur zwei Lösungen: die Sitzung verlassen, oder die Sprache dem tiefstmöglichen Niveau dieser Demokratiekiller-Koalition anpassen. Wenn der Grüne Matthias Probst als Reaktion auf die Phrasendrescher-Voten in seinem Votum «Es ist doch ein Scheissdreck» braucht, ist es nicht angemessen, wenn die Präsidentin mit «Ihr Vokabular sollte in die Waschmaschine» reagiert – sie müsste stattdessen jene zurecht weisen, die nachweislich Schrott mit ihren Voten produzieren.

Beschlüsse, die durch Instruktion zustande gekommen sind, sind eindeutig nichtig.

Zu überlegen ist auch die Einführung einer vorzeitigen Neuwahl des Gemeinderates, wenn sich eine (virtuelle) Mehrheit des Gemeinderates weiterhin derart demokratiefeindlich und lösungsunfähig verhält.


Aus der Stellungnahme des Zürcher Bezirksrates zum Instruktionsverbot:

Beim Bezirksrat ist überdies eine Aufsichtsanzeige eingegangen, worin beantragt wurde, von Amtes wegen in den laufenden Budgetprozess einzugreifen, da aus der Berichterstattung in den Medien hervorgegangen sei, dass ein erheblicher Teil des Gemeinderates mit Instruktionen gestimmt habe, was eindeutig gegen die Gemeindeordnung verstosse.

Der Bezirksrat erinnert daran, dass sowohl auf Bundes- wie Kantonsebene die Parlamentsmitglieder ohne Instruktion bzw. Weisung stimmen und wählen sollen und dies auch die Gemeindeordnung ausdrücklich so festlegt.

Daraus ist jedoch herzuleiten, dass Instruktionen (z.B. durch einen Fraktionsbeschluss) nicht durchsetzbar sind. Ebenso wenig ist das Instruktionsverbot selber rechtlich durchsetzbar, da es nicht justiziabel ist.

Einmal mehr zeigt sich, dass derartige Formulierungen auf „Verfassungsebene“ reine Papiertiger sind. Diese Formulierung dient zumindest in der Interpretation des Bezirksrates ausschliesslich dazu, dass ParlamentarierInnen ohne Druck ihres Umfeldes entscheiden können. Oder anders: Vereinbarungen über das Stimmverhalten sind offensichtlich sittenwidrig und damit demokratiefeindlich – die $VP als treibende Kraft hinter dieser Vereinbarungen ist einmal mehr entlarvt als politische Kraft, die gegen die Verfassung arbeitet. Schlicht und einfach: diese Partei ist zu verbieten! Diese Interpretation heisst aber auch: sämtliche Personen, die sich gegen ihre Überzeugung an diese sittenwidrige Vereinbarung gehalten haben, sind ihrer Verantwortung als ParlamentarierInnen nicht gewachsen und haben sofort zurückzutreten.

Nur: diese Interpretation hat nichts mit der Praxis zu tun. Denn: wer Fraktionsbeschlüsse nicht befolgt, wird in einer Fraktion nachweislich gemobbt und ausgeschlossen. Diese Interpretation schützt also auch diese sittenwidrige Form der Parlamentsarbeit – und bestätigt damit einmal mehr das Image des „Dreckgeschäfts Politik“.