Auch wenn ich der festen Überzeugung bin, dass die $VP in der aktuellen Form alles andere als eine demokratische Partei ist, bietet eine Exponentin – Natalie Rickli – dieser von einem autokratischen Milliardär gelenkten Marketing-Organisation Anlass für eine vertiefte Erörterung zur Demokratie-Arbeit, in Verbindung insbesondere mit dem absurden Parteienfinanzierungsangebot der UBS.
Die Meinungsäusserungsfreiheit ist ein zentraler Pfeiler der Demokratie, auch wenn dabei der Satz „Jeder Mensch hat ein Recht auf seine eigene Meinung, aber nicht auf seine eigenen Fakten.“ von Daniel Patrick Moynihan zu beachten ist. Frau Rickli hat – nicht in ihrer Funktion als von ihrer Kundschaft gewählte Vertreterin im Nationalrat – eine Äusserung zum Anteil von Menschen mit Deutschland als „Herkunftsort“ an der aktuellen CH-Wohnbevölkerung von sich gegeben. Möglicherweise war diese Äusserung missverständlich, möglicherweise wurde sie mit oder ohne Vorsatz falsch verstanden. Da nicht geklärt ist, ob es sich bei den Aussagen von Frau Rickli um eigene oder tatsächliche „Fakten“ handelt, und unabhängig von der Überlegung, ob es sich bei der $VP tatsächlich um eine demokratische Partei handelt, und erst recht unabhängig davon, ob ich mit dieser Äusserung einverstanden bin, nehme ich der Einfachheit halber an, dass es sich dabei um eine Äusserung handelt, die tatsächlich durch die Meinungsäusserungsfreiheit abgedeckt ist.
Der Markt ist nicht demokratisch, sondern konkurrenzorientiert. Es wird deshalb bereits darüber berichtet, dass der Arbeitgeber von Frau Rickli – das Medienunternehmen Goldbach Group – einerseits wegen ArbeitnehmerInnen mit deutschem Pass, andererseits wegen KundInnen aus Deutschland wegen der Äusserungen von Frau Rickli unter Druck kommen könnte. Andererseits ist der gleiche Arbeitgeber froh, dass sich Frau Rickli als Lobbyistin gegen das öffentliche Schweizer Fernsehen stellt – weil geknebelte öffentliche Medien den privaten Medien mehr Raum und damit grösseren Profit geben. Oder anders: die Öffentlichkeit weiss nicht, ob es sich bei den Aussagen von Frau Rickli zur Geschäftspraxis der öffentlichen Medien um eine tatsächlich medienpolitische Position der $VP handelt oder ob es dabei ausschliesslich um die Interessen des Arbeitsgebers Goldbach Group geht. Dies ist allerdings nicht unerheblich: es geht entweder um eine demokratie- und damit gesellschaftsorientierte Position oder eben um eine marktwirtschaftliche Position. Beide Positionen sind möglich, können aber aus zwingenden Gründen gar nicht identisch sein – nicht unerheblich in der Informationsgesellschaft, nicht unerheblich im Wissen um das Manipulationspotential der Medien, siehe Weltwoche oder BaZ.
In einer Demokratie sind beide Vorgänge unerwünscht: die Meinungsäusserungsfreiheit hat Auswirkungen auf die Wahlchancen von Frau Rickli zu haben, nicht aber auf die Reputation des Arbeitsgebers. Andererseits ist es ebenso unerwünscht, dass sich ein Arbeitgeber unternehmerische Vorteile aus dem politischen Mandat einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitsnehmers verspricht. Da das Beispiel von Frau Rickli exemplarisch ist für viele Parlamentarierinnen: auch für die Demokratie-Arbeit braucht es ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle!
Einen anderen Weg will offenbar die UBS gehen: die kauft sich kurzerhand willfährige Parteien! Sie will Parteien finanziell unterstützen, allerdings nur, wenn sich diese auf einen willkürlich von der UBS vorgegeben Forderungskatalog verpflichten. Klar ist auch hier: jene Parteien, die dieses Angebot annehmen, sind keine politisch relevanten Gremien mehr, sondern Teil der PR-Agentur einer Bank. Es geht nicht mehr um Demokratie, sondern um Unternehmensvorteile.
Es gibt eine simple Alternative: die UBS soll diese Gelder als Steuern an den Staat überweisen, und dafür wird endlich die öffentliche und transparente Parteienfinanzierung eingeführt.