Online-Stammtische abschaffen statt Fremdbemitleidung

Ich empfehle Tamedia schon lange, auf die 400-Zeichen-Online-Stammtische zu verzichten. Weil ein F.A.Z.-Beitrag zu den spannenden Sotschi-Olympia-Aussagen von Lara Gut von solchen Stammtischlern mit massiv beleidigenden und unqualifizierten „Kommentaren“ eingedeckt wird, berichtet Tamedia darüber, immer mit Blick auf die Tamedia-Praxis. Sowohl bei F.A.Z. wie bei Tamedia geht es dabei allerdings in erster Linie um Selbst- und Fremdbemitleidung.

Es gibt aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre einzig zwei Arten von sinnvollen Beiträgen in solchen Online-Stammtischen: erstens jene, die faktenbasiert auf inhaltliche und sprachliche Fehler im eigentlichen Artikel hinweisen (und damit Lektorat und Korrektorat ersetzen) und zweitens jene, die faktenbasiert auf inhaltliche und sprachliche Fehler in den Beiträgen der Stammtischler hinweisen. Es ist zudem festzustellen, dass offenbar die $VP ganze Teams von Online-Stammtischlern unterwegs hat, sowohl von der Sprach- und Wortwahl als auch von der Sachkompetenz her ist die Quellenlage sehr eindeutig. Wenn Tamedia (wie F.A.Z.) behauptet, es gäbe für solche Beiträge FreischalterInnen, die nach vorgegebenen Regeln arbeiteten, kann daraus eigentlich nur geschlossen werden, dass die FreischalterInnen die absurdesten Stammtischlereien gerade selber verfassen. Denn: die vorgegebenen Regeln, dass solche Stammtischlereien nicht ehrverletzend, nicht rassistisch, nicht unsachlich, nicht themenfremd sein dürfen, werden aus Prinzip nicht umgesetzt. „nicht unsachlich = sachlich“ heisst etwa, dass sämtliche Aussagen in solchen Beiträgen den Tatsachen entsprechen müssten, dies ist nachweislich nicht der Fall. Ebenso sind dauernd Stammtischlereien zu lesen, die von von Verfassern (und wenigen Verfasserinnen) mit Fantasienamen oder mit ganz offensichtlich falschen Namen stammen – solche dürften aber nach den Tamedia-Regeln gar nicht veröffentlicht werden. Es ist davon auszugehen, dass einzig die oben erwähnten zwei Arten von sinnvollen Beiträgen den Regeln umfassend entsprechen.

Spannend ist auch die Frage, zu welchen Artikeln überhaupt Stammtisch-Beiträge abgegeben werden können – auch hier ist ein offensichtliche Parteilichkeit der Online-Redaktion erkennbar. VelofahrerInnen-Themen sind etwa immer für Kommentare offen, Artikel zu $VP-Parlamentarieren praktisch nie.

Zwei Empfehlungen zum Schluss: den Internet-Medien wird empfohlen, auf solche Online-Stammtische zu verzichten. Und den Internet-LeserInnen wird empfohlen, solche Online-Stammtische nicht mit eigenen Voten zu beliefern, aber auch keine fremden Stammtischbeiträge zu lesen. Die einfachste Lösung ist, diese Online-Stammtische zu ignorieren, dann verschwinden sie von selbst!