Statt Unsicherheitspolitik: Armee abschaffen!

Die Lobby-Gruppe Giardino für die Unsicherheitspolitik der Schweiz setzt sich für eine starke Milizarmee ein und reiht sich damit ein in die ewiggestrige Pseudosicherheitsdiskussion. Denn: Armeen haben noch nie in der Geschichte für Sicherheit gesorgt, sondern sind der alles destabilisierende Unsicherheitsherd. Deshalb: statt Unsicherheitspolitik zu machen, muss dringenst die Armee abgeschafft werden.

In einer modernen Gesellschaft mit ihrer empfindlichen, aber leistungsfähigen Infrakstrukur haben sogenannte „militärische Sicherheitskonzepte“ nichts verloren, denn jeder Einsatz der Armee für zwingend zu einer extrem schnellen Gewalteskalation. Die einzig mögliche Sicherheitspolitik einer modernen Gesellschaft besteht in Deeskalation und dem bewussten Ausschluss von Gewalt. Die Option Armeeeinsatz ist kategorisch auszuschliessen, Gewalt in welcher Form auch immer ist zu ächten.

Gerade das Beispiel Libyen ist der Beleg für die zwingende Notwendigkeit zur Armeeabschaffung.

In erschreckend sicherheitspolitisch unqualifizierter Weise äussert sich der baselstädtische FDP-Nationalrat Peter Malama. Er sagt gemäss Auto-Anzeiger: Wir sind am Beispiel von Nordafrika Zeugen, wie schnell es zu Unruhen kommen kann. In Ägypten hat gerade der Nicht-Einsatz des Militärs – und damit das Gewähren lassen der Protestbewegung – zu einer erheblichen Deeskalation mit einer überraschend schnellen Verabschiedung des Despoten Mubarak geführt (P.S. die Toten der Protestbewegung in Ägypten sind damit nicht ausgeblendet – für diesen Eskalationsteil sind privatpolizeiartige Einheiten und Schlägertrupps im Dienste des Despoten Mubarak verantwortlich). Im Gegensatz dazu hat eine starke Privatarmee des Despoten Gaddafi zu einer enormen Gewalteskalation geführt – die Armee richtet sich gegen dier eigene Bevölkerung! Aus der Schweizer Geschichte ist der Hinweis von Herrn Malama ungeheuerlich: auch die Schweizer Armee stand im Rahmen des Generalstreiks/Landesstreiks 1918 gegen die (inländischen) „Unruhen“ im Einsatz! Auch hier ist festzuhalten: viele der Anliegen des Landesstreiks 1918 wurden umgesetzt, etwa ab 1919 das Proporzwahlrechts (anstelle des Majorzwahlrechts) für den Nationalrat oder die Verkürzung der Wochen-Arbeitszeit. Mit anderen Worten: selbst in einer „reifen Demokratie“ braucht es den Protest – aber es braucht nicht die Armee, um solche mehr als berechtigten Proteste zu verhindern. Auch hier: Deeskalation besteht darin, in einem klugen politischen Prozess die Anliegen aller gesellschaftlich relevanten Gruppen einzubeziehen – mit der Armee als Unruhebeseitigungsinstrument könnte die Mehrheit versucht sein, eine despotische Politik zu verfolgen.

Unter dem Blickwinkel der Unsicherheitspolitik bekommt auch das Nein der bürgerlichen Parteien zur Initiative „Schutz vor Waffengewalt“ und die Forderung nach der Widerverteilung der Taschenmunition eine neue Bedeutung: in der Schweiz erfolgt die Mobilisierung der Armee mit öffentlichem Aufruf, kann aber nicht auf diesem Weg rückgängig gemacht werden. Es ist nicht auszuschliessen, dass eine solche Mobilmachung von gewaltbereiten Gruppen (und solche gibt es – wie die Aussagen von Herrn Malama belegen – offenbar weit in die FDP hinein) in Form eines Staatsstreiches missbraucht werden könnte.

Für eine ernsthafte Sicherheitspolitik muss der zentrale Unsicherheitsfaktor, nämlich die Armee, so rasch als möglich und so gründlich als möglich verschwinden!

2 Gedanken zu „Statt Unsicherheitspolitik: Armee abschaffen!“

  1. Man kann sich die Fakten auch herauspicken, um zu „seiner“ Wahrheit zu kommen. Tatsächlich: In Ägypten hat das Nichteingreifen der Armee (bzw. das Sicherstellen der grundlegenden Sicherheit durch die Armee – wir wissen nicht, wie es ohne Armee herausgekommen wäre) deeskalierend gewirkt. Wieso? Weil Ägypten eine Milizarmee hat und das Volk repräsentiert.

    In Libyen war’s völlig anders: Die professionellen Schergen hatten keinen Bezug zum Volk und waren bereit, dieses aus Eigennutz niederzumetzeln.

    Eine Milizarmee wird sich nie im grösseren Stil gegen die eigene Bevölkerung auflehnen. Das sollte – auch von Armeegegnern – im Rahmen der Diskussion um unser Wehrmodell wahrgenommen werden. Nur: Der wahre Grund, weshalb Armeeabschaffer gegen die Milizarmee sind, ist derselbe, weshalb sie generell gegen eine Armee sind: Sicherheit ja, aber bitte ohne dass ich mir die Finger schmutzig machen muss. Das ist Ausfluss unser hyper-individualistischen Gesellschaft, nicht einer grundsätzlichen Analyse unseres sicherheitspolitischen Umfeldes. Denn eine solche zeigt klar: Die Welt wurde nicht rein zufällig während unserer Lebenszeit sicher und konfliktfrei, währenddem sie es zehntausende von Jahren davor nicht war. Konflikte sind eine konstante der menschlichen Zivilisation – und übrigens auch der Natur. Davor kann man zwar die Augen verschliessen, glaubwürdiger macht man sich dadurch nicht.

  2. Mit drei Jahren Dienstzeit hat Ägypten ein Berufsheer – das Problem waren zudem die ebenfalls militärischen Truppen des Innenministeriums resp. die militarisierten Fanclubs von Mubarak.

    Sorry, die relevanten Ernsteinsätze der Schweizer Armee waren gegen die Bevölkerung gerichtet, bitte keine Geschichtsklitterung!

    Es gab im übrigen global noch nie so viele Konflikte wie heute – die ziemlich nahen Konflikte in Ex-Jugoslawien (welche den unsinnigen Kauf der F/A-18 mehrheitsfähig gemacht haben) bereits vergessen?

    Es gib nur eines: weg mit allen Armeen, Ächtung von Waffen und Gewalt!!!

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