Entschleunigung auch bei den digitalen Medien

Wie schnell sollen Medien sogenannte News publizieren? Ein Beispiel vom Montag, 26. Februar 2024 führt zur Schlussfolgerung, dass eine gewisse Entschleunigung angesagt ist.

Tages-Anzeiger

«Publiziert heute um 10:25 Uhr» steht am 26. Februar 2024 beim Internet-Artikel im Tages-Anzeiger zur doppelten Lohnzahlung an Mitarbeitende der Stadt Zürich. Gemäss Dateiname lautete zu diesem Zeitpunkt der Artikel-Titel «Datenpanne bei der Stadt – Tausende städtische Angestellte haben Lohn doppelt erhalten».  Um 22 Uhr am Abend des 26. Februars 2024 – also nicht einmal ganz 12 Stunden später – lautet der Titel «Doppelter Lohn für Zürcher Stadtangestellte – 175 Millionen Franken falsch ausbezahlt» mit dem Lead «Die ZKB hat die Februarlöhne der Stadt Zürich irrtümlich doppelt ausbezahlt. Schuld an der Panne soll ein Swisscom-Lieferant sein.»

Innerhalb weniger Stunden ist die Verantwortung für die Fehlzahlungen von der Stadt Zürich über die ZKB zur Swisscom und noch weiter zu einer Privatunternehmung  gewandert.

Gegen 80 Kommentare von Lesenden sind in dieser Zeit zusammengekommen.

PS: Mit dem Festhalten am ursprünglichen Publikationszeitpunkt suggeriert der Tages-Anzeiger, all die am Abend enthaltenen Infos seien bereits zum vorgeblichen Publikationszeitpunkt im Artikel enthalten gewesen.     

NZZ

Im Vergleich dazu zeigt sich bei der NZZ ein anderer Ablauf. «Aktualisiert 26.02.2024, 17.16 Uhr» steht im Titelbereich des Artikels
«Riesenpanne: Wegen eines Fehlers bei einem Swisscom-Lieferanten erhalten Mitarbeitende der Stadt Zürich 175 Millionen Franken zu viel» (PPS: Gemäss Dateinamen lautete der NZZ-Titel zu Beginn eines «turbulenten Tages» (Zitat aus dem Lead des NZZ-Artikels) «Stadt Zürich zahlt Löhne an Mitarbeitende doppelt aus»). Bei der NZZ sind Kommentare von Lesenden nicht möglich.

Intranet ist öffentlich!

Interessant ist, dass sowohl Tages-Anzeiger wie NZZ aus dem städtischen Intranet zitieren. Dieses als «intern» verstandene digitale Medium ist somit auch ein öffentliches Medium! Oder anders: auch hier gilt die Erkenntnis, dass etwas nur intern (oder «geheim») bleiben kann, wenn höchstens zwei Personen davon wissen, weil dann zumindest diesen beiden Personen bekannt ist, wer Infos öffentlich gemacht respektive «verraten» hat. 

Kommentare sind und bleiben (leider) Stammtisch

Auch dieses Beispiel einer irrtümlichen Lohndoppelzahlung zeigt in den Kommentarseiten (des Tages-Anzeigers) einmal mehr, dass vorteilhaft auf diesen unsinnigen Stammtisch-Teil verzichtet werden sollte!

Daher: auch bei den Medien entschleunigen!

Regelmässig zeigt sich, dass die ersten News zu einem Thema unbrauchbar sind. Vorteilhaft sollten auch derartige News etwas «reifen». Vier Stunden Wartezeit zwischen News-News und Publikation wäre bereits ein erster Entschleunigungsschritt, nicht nur bei Tages-Anzeiger und NZZ, sondern erst recht bei den Boulvard- und Gratis-Medien. Und: KEINE KOMMENTAR-STAMMTISCHE ZUR VERFÜGUNG STELLEN!  


PPPS: Ein neckisches Detail: die illustrierenden Bilder in den Medien mit Stadt-Zürich-Sujets stammen aus einer anderen Jahreszeit – da wird die Entschleunigung eigentlich bereits genutzt!

PPPPS: Ich habe während langen Jahren bei der Stadt Zürich gearbeitet, kenne gewisse Dinge somit auch von dieser Seite.