Manchmal, da kommen Dinge zusammen, die den Weltenlauf zur Realsatire machen. Zum Beispiel die legalen Steueroptimierungen eines Unternehmens, dessen damaliger CEO jetzt Bundesrat ist, während gleichzeitig ein russischer Diktator die Eröffnung der Winterolympiade in Sotschi an der klimatisch betrachtet subtropischen Schwarzmeerküste feiert. Und Grossbanken zahlen trotz Milliardengewinnen keine Steuern, und fast alle Parteien finden dies gut, während sich Entwicklungsländer beschweren, dass ihnen von Rohstoff-Firmen mit Steuersitzen in der Schweiz die Substanz entzogen wird. Da purzeln Moral, Ethik, Überfluss und noch viel weiteres einfach wild durcheinander.
Während den Eröffnungsfeierlichkeiten der 22. olympischen Winterspiele in Sotschi hat es geschneit. Geschneit? In den Subtropen? Es war bloss ein Schneeimitat aus einem Seifenschaumgemisch – Realsatire eben. Doss olympische Winterspiele im subtropischen Klima stattfinden, dass im Jahr 2022 die Fussballweltmeisterschaften in aufwändig gekühlten Hallen stattfinden sollen, ist einerseits der Willkür diktatorischer Staaten als auch der ebenso willkürlichen Weltsportmafia zuzuschreiben. Es ist schon wie zu Zeiten der Römer: „Brot und Spiele“ – auch wenn einigen der Menschen, die in der Umgebung von Sotschi leben und arbeiten, dieses Brot im Hals stecken geblieben sein dürfte – so äussert sich diktatorische Willkür leider zu häufig. Zu dieser Willkür gehört auch, die Grenzen der Natur, der Umwelt, nicht zu respektieren.
Nicht nur in der Schweiz wird immer deutlicher erkennbar, dass sich die Welt den aktuellen Überfluss auch ökonomisch nicht leisten kann – es geht dabei erst einmal um die ökonomischen Aspekte, der übergrosse ökologische Fussabdruck steht noch nicht einmal zur Diskussion. Festzuhalten ist: demokratische Rechtsstaaten sind bestens dafür geeignet, zunehmenden Wohlstand mehrheitsfähig zu verteilen (was nicht zwingend gerecht sein muss, schon gar nicht aus globaler Optik). Wenn derzeit etwa in der Schweiz etwas häufiger über die Finanzierung der öffentliche Haushalte gesprochen wird, hängt dies unter anderem damit zusammen, dass grosse Banken trotz Milliardengewinne keine Steuern zahlen – aber gleichzeitig die Ökonomieinstitute staatlicher Hochschulen aufkaufen und immense Marketingaktivitäten finanzieren (und riesige Boni ausschütten, die unabhängig von der erbrachten Leistung der Begünstigten in einem krassen Missverhältnis zu den ökonomischen Ergebnissen stehen.
Ohne Einschränkungen: wenn sich ein Unternehmen im Rahmen des gesetzlichen Spielraums, welcher immer auch ein Ermessensspielraum ist, steuerliche Optimierungen erlaubt, ist dies sowohl moralisch wie ethisch nicht zu kritisieren – selbst dann, wenn überflussverwöhnte StaatsbürgerInnen, die um ihren Überfluss fürchten, dies so wahrnehmen sollten. Klipp und klar: was nach Gesetz möglich ist, ist auch mit ethischen und moralischen Überlegungen nicht zu kritisieren – in Rechtsstaaten liefert das Gesetz auch den ethischen und moralischen Rahmen. Wenn es denn ethische und moralische Überlegungen gibt, die zu einer Veränderung der rechtsstaatlichen Regeln führen müssten, sind die dafür vorgesehenen demokratischen Regeln anzuwenden – vergangenheitsorientierte Veränderungen sind dabei zu verhindern: was bis anhin als legal galt, hat dies auch weiterhin zu sein!
Festzustellen ist, dass offenbar die „Globalisierung“ – zum Beispiel bei der Produktion von „Überfluss-Gütern“ – zwar eine Realität ist, dies sich aber bis anhin nicht umfassend auf die nationalen Gesetzgebung zur Besteuerung global tätiger Unternehmen ausgewirkt hat.
Die systemrelevante Firma Apple hat zeigen können, dass ihre Finanzpraktiken inklusive Steueroptimierungen juristisch korrekt sind, was nicht einmal in den USA allen PolitikerInnen gefällt, weil dies aufzeigt, dass die PolitikerInnen ihren Job nicht gemacht haben. Es ist davon auszugehen, dass etwa die rechtlich korrekten Finanzpraktiken international tätiger Rohstoffunternehmen zu einer Pervertierung der Entwicklungshilfe führen. Um dies zu verändern, sind erhebliche und aufeinander abgestimmte Anpassungen nationaler Steuergesetzgebungen erforderlich. Die Tobin-Tax etwa wäre ein erfolgsversprechender Ansatz!
Die Anforderung der international abgestimmten Anpassungen allerdings stellt eine echte Herausforderung dar, unter anderem deshalb, weil demokratische Rechtsstaaten auf diesem Planeten die Ausnahme darstellen! Es ist leider davon auszugehen, dass die Vielzahl von DiktatorInnen auf diesem Planeten von der aktuellen Situation persönlich (oder mindestens imagemässig) profitiert. Es ist zu befürchten, dass daher im globalisierten Steuerwesen noch lange keine Harmonisierung erfolgen wird, analog zum Negativbeispiel globaler Klimaschutz.