Krieg um Oel, Variante B

Der aktuelle Anstieg des Oelpreises auf dem Weltmarkt wird in Verbindung gebracht mit den möglicherweise historischen politischen Umwälzungen in Nordafrika. Das brutale Vorgehen des libyschen Diktators Gaddafi gegen die „eigene“ Bevölkerung ist somit als offensichtliche Variante des Kriegs um Öl zu interpretieren.

Die Zivilgesellschaften mit grossem ökologischen Fussabdruck sind auf billiges, sicher verfügbares Erdöl als „Schmiermittel“ und Betriebsstoff des Überkonsums angewiesen. Despotenregimes mit während Jahrzehnten den gleichen Clans an der Spitze bieten ofensichtlich hohe Garantien für stabile politische Verhältnisse – damit verbunden ist die Tiefhaltung der Oelpreises und der Preise anderer Ressourcen. Gleichzeitig beachten diese Regimes ihr Herrschaftsgebiet als Selbstbedienungsladen – bei all diesen Despoten und ihren Familien wird von riesigen Vermögenswerten ausgegangen, während die Bevölkerung in den Herrschaftsgebieten darbt. Dass sowohl Europa wie die USA diese Despotenregimes reichhaltig mit kostspieligen Waffen ausgerüstet haben, welche nicht nur in Libyen gegen die „eigene“ Bevölkerung eingesetzt werden, bestätigt eindeutig, dass es sich bei diesen Despoten um Machthaber im Einverständnis mit den ökologischen Grossfüssen handelt – der Krieg um Öl als Fortsetzung des Kolonialismus mit anderen Mitteln! Offenbar haben die Despoten ihre Herrschaftsgebiete als nepotistische KMU geführt mit massiv übersteigerten Renditen. Und wie bei vielen KMU ist es den willkürlichen Herrschern (und ihren „Schutzstaaten“) nicht gelungen, rechtzeitig eine funktionierende Nachfolgeregelung vorzunehmen. Gewalt und Leid sind die logische Folge, wenn die Machthaber ihre Geldquellen verteidigen.

Auch wenn die Zivilgesellschaften schon lange befürchten, dass die erforderlichen Veränderungen nur mit Gewalt und Leid verbunden erreicht werden können, sind die interessierten Gruppen nahezu machtlos. Das Völkerrecht etwa betrachtet eine noch so despotische, noch so willkürliche, noch so unlegitimierte Regierung solange als offizielle Vertretung des Staatsgebietes, bis sie offiziell als abgesetzt gilt. Der bizarre Auftritt des offensichtlich psychisch kranken Muammar Gaddafi in der UNO-Vollversammlung offenbarte die offensichtliche Unfähigkeit der Staatengemeinschaft, Grundregeln des guten Regierens nur schon zu formulieren, geschweige denn umzusetzen. Möglicherweise ist dies von den Mächtigen der „Erstweltstaaten“ gar nicht gewünscht, weil dann statt einseitiger Interessenpolitik ein zwischenstaatlich kooperativer Ansatz gewählt werden müsste.