Zwei Sonntagsthemen:
Erstens: Gejammer über eine geringe Reduktion der Fahrleistungen des öffentlichen Personenverkehrs – verbunden mit der Behauptung „Die Bahn ist zu teuer geworden„.
Zweitens: Die Forderung aus einer Studie im Auftrag des Bundes, das Rentenalter schrittweise auf 70 Jahre anzuheben.
Wie immer, wenn Sonntagsmedien Themen aufbringen, wird zu kurz gedacht und falsch argumentiert.
Am letzten Wochenende versuchten die Autoanzeiger-Gruppe-Medien (hiess früher TAMedia), mit Schlagzeilen wie „fünf Franken pro Liter Benzin“, manipulativ Stimmung gegen lenkende Energieabgaben mit vollständiger Rückerstattung zu machen. Die gut begründete Aussage von Toni Gunziger, Unternehmer und ETH-Professor, der Preis für einen Liter Benzin müsse 12 Franken betragen, um die gesamten Strassenverkehrskosten abdecken zu können – Plan B ist so nüchtern und wissenschaftlich, dass Stimmungsmache dagegen fehlschlägt, da immer mehr Menschen klar wird, dass der übergrosse ökologische Fussabdruck der Menschen auch in der Schweiz massiv vermindert werden muss. Wahre Kosten sind dazu ein kluger Ansatz.
Nicht nur Auto fahren ist viel zu billig, auch die Benutzung des öffentlichen Verkehrs beruht zu einem beachtlichen Teil auf dem Zechpreller-Prinzip. Aus Nachhaltigkeits-Sicht ist ÖV statt Auto sicher die bessere Wahl – noch besser wäre es aber, Verkehr zu vermeiden, z.B. durch eine bessere räumliche Koordination von Wohnen und Alltagsbedürfnissen wie Arbeiten (Pendeln ist weder mit ÖV noch mit Auto besonders sinnvoll), Ausbildung, Einkaufen, Freizeit, z.B. Home Office.
Es ist festzuhalten: sowohl bezüglich Kosten als auch Komfort (insbesondere über mittlere und längere Strecken) ist der öffentliche Verkehr bereits heute deutlich vorteilhafter als jede andere Verkehrslösung. Wer in dieser Situation billigere ÖV-Billette fordert, tut nichts anderes als die sich etwa in absurden $VP- und FDP-Abstimmungskampagnen äussernden Anstrengungen zur Ankurbelung des Strassenverkehrs. Und im Stile der Ueberlegungen von Herr Gunzinger sind so rasch als möglich für alle Verkehrsträger kostenwahre Preise einzuführen.
Um einen gesellschaftlichen Trugschluss geht es auch bei der als Allheilmittel präsentierten Erhöhung des Rentenalters. Es ist durchaus so, dass es ausreichend Arbeit gibt, um bei entsprechenden Wünschen weit über das Pensionsalter hinaus aktiv zu sein. Festzuhalten ist dabei, dass es unmöglich ist, alle diese Arbeit entsprechenden den Fähigkeiten zu entschädigen und dass die durch die Löhne aus Erwerbsarbeit entstehenden Konsummöglichkeiten und Anspruchshaltungen zu einem erheblichen Mass zum aktuellen übergrossen ökologischen Fussabdruck u.a. der SchweizerInnen beitragen. Das Rentenalter – und damit die Zeitdauer zur Leistung von Erwerbsarbeit – zu erhöhen, ist so ziemlich die unsinnigste Idee. Es gibt nur einen nachhaltigen Ansatz: bedingungsloses Grundeinkommen für alle!