Gaskraftwerke: endlich energiepolitisch denken!

Rein rational betrachtet können Gaskraftwerke eine Beitrag leisten auf dem Weg zu einer nicht-fossilen und nicht-nuklearen Energieversorgung – es geht auch auf anderen Wegen. Zentral ist: es braucht endlich eine echte Energiepolitik in der Schweiz!

Energiepolitik hat sich in den letzten mindestens 30 Jahren nahezu ausschliesslich auf die Interessen der Energiewirtschaft fokussiert. Es gibt in der Schweiz keine Energiepolitik, die sich an den Interessen der Energieverbraucher und insbesondere der Gesellschaft orientiert. Neben der Protektion der Energiewirtschaft – man darf in diesem Land nur hinter vorgehaltener Hand sagen, dass Erdöl kein zweckmässiger Energieträger ist – beschränken sich die energiepolitischen Aktivitäten darauf, die Willigen und deren NachahmerInnen zu belohnen, Stichworte wie KEV, das Gebäudeprogramm und so weiter.

Unter diesen Prämissen ist die Diskussion über die Notwendigkeit von Gaskraftwerken gar nicht sachpolitisch zu führen. Dazu gehört auch, dass sich die MarktaktivistInnen im Energiebereich zuerst darauf konzentrieren, die Bewilligungsbedingungen für Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien in erheblichem Ausmass zu deregulieren. Zur nachhaltigen Nutzung erneuerbarer Energien gehört allerdings zwingend die rechtsstaatlich abgesicherte Bewilligungspraxis.

Festzuhalten ist: Gaskraftwerke machen nur Sinn, wenn sie einen Beitrag leisten können auf dem Weg in eine nuklear- und fossilfreie Energiezukunft. Das heisst: der Einsatz von Gaskraftwerken darf nicht zu einem höheren Ausstoss an Treibhausgasen führen, und Investitionen in Anlagen zur Stromproduktion aus erneuerbaren Energien dürfen nicht ausbleiben.

Energiepolitik wird in der Schweiz meistens leider nur als Stromproduktionspolitik verstanden – sowohl Politik, Wirtschaft, Medien und Öffentlichkeit müssen hier zwingend vermehrt in Zusammenhängen denken. Einige Hinweise dazu:

  • Der dominierende Teil der Gebäude wird in der Schweiz nach wie vor mit Oel beheizt. Es ist eine Politik unter Einbezug eines Sanierungsobligatoriums erforderlich, um den Energieverbrauch zu senken und gleichzeitig den Einsatz erneuerbarer Energien für Raumheizung, Wassererwärmung und Stromversorgung zu steigern. Wichtig ist gleichzeitig die Abschaffung von Förderbeiträgen.
  • Heizung und Warmwasser werden somit zukünftig mit deutlich weniger Energieverbrauch und überwiegend aus erneuerbaren Quellen abgedeckt. Wärmepumpen spielen dabei eine wichtige Rolle – mit Strom aus erneuerbaren Quellen. In einer Übergangszeit erschreckt es klimaschutzpolitisch nicht, wenn dieser Strom aus Gaskraftwerken stammt, unter der Bedingung, dass in einem ersten Schritt die Gebäude auf einen guten energetischen Level gebraucht werden. Ich habe bereits dargelegt, wie die Klimaschutzleistung von Gaskraftwerken aussehen kann.
  • Strom spielt im Verkehrsbereich – insbesondere beim öffentlichen Verkehr – bereits eine beachtliche Rolle. Wenn es gelingt, einen kräftigen Anteil des heutigen MIEV (sorry MIV) auf den ÖV zu verschieben, und den verbleibenden MIEV (sorry MIV) mit kleineren und elektrisch angetriebenen Fahrzeugen zu bewältigen, würde auch hier ein Teil der eingesparten fossilen Energie immer noch mit einer Klimaschutzwirkung zur Stromproduktion eingesetzt werden können.
  • Leider stammt auch ein Teil des Erdgases aus politisch heiklen Weltgegenden. Es ist also zwingend, den Erdgaseinsatz für die Stromproduktion zeitlich und mengenmässig zu beschränken; dabei hilft, dass die technische Nutzungsdauer von Gaskraftwerken deutlich tiefer ist als von Atomkraftwerken. Die Konsequenz: parallel zur Investition in Gaskraftwerke haben die InvestorInnen auch in Anlagen zur Produktion von Strom aus erneuerbaren Quellen zu investieren. Damit die Verhältnisse klar liegen: pro Franken Investition in Gaskraftwerke sind zwei Franken in Strom aus erneuerbaren Quellen zu investieren, sowohl im In- wie im Ausland.

Die Frage der buchhalterischen Kompensation des Erdgaseinsatzes ist nur nötig, weil derzeit keine kohärente Energiepolitik betrieben wird auf nationaler Ebene. Wie die obigen Punkte aufzeigen, ist gesamt-energiepolitisch der temporäre und befristete Einsatz von Gaskraftwerken bewältigbar – wenn die Politik, die Wirtschaft, die Medien und die Öffentlichkeit überhaupt energiepolitisch agieren! Objektiverweise zweifle ich daran angesichts der Verlautbarungen der letzten Wochen und Monate insbesondere aus den Mitte- und Rechtsparteien dieses Landes.

2 Gedanken zu „Gaskraftwerke: endlich energiepolitisch denken!“

  1. Ich bin absolute gegen die Energiegewinnung durch Verbrennung. Wen aber als Übergangslösung nichts anderes zur Verfügung steht, dann sollte wenigstens drauf geachtet werden das deswegen nicht zusätzlich Importiert werden muss. Vor Flüssiggas und Erdgas wäre es daher sinnvoll zu betrachten, was man auch den Menschlichen und Tierischen Extrementen (entsprechend umgerüstete Bio-Gas Anlagen werden in Deutschland bereits eingesetzt) an Energie entlocken kann.

  2. Biogas hat ein sehr begrenztes Potential, damit kann man keine energiepolitischen Probleme lösen. Auch Biogas müsste man verbrennen, genau wie Holz (einfach im Bezug auf die Aussage „absolut gegen Energiegewinnung durch Verbrennung“).

    Ich habe dermassen viele Bedingungen aufgezählt im Zusammenhang mit Gaskraftwerken (Atomausstieg, umfassende Verbrauchsverminderung im Inland, doppelte Investition in Erneuerbare), dass hoffentlich klar geworden ist, dass ich Gaskraftwerke nicht als beste Lösung erachte.

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