Trotz WEF-Palaver: Flugverkehr ist und bleibt nicht nachhaltig

Das WEF-Treffen der Scheinmächtigen und WichtigtuerInnen aus Finanzwirtschaft und Politik in Davos bringt immer wieder auch interessante Nebenprodukte zu Stande – etwa am 28.1.2012 eine Absichtserklärung für einen Fluglärm-Staatsvertrag zwischen Deutschland und der Schweiz – ein Dokument mit erschütternder Symbolik und dem knallharten Beweis, dass Flugverkehr nicht nachhaltig ist und auch nie werden wird.

Bundesrätin Doris Leuthard und der deutsche Verkehrsminister Peter Ramsauer haben sich heute in Davos auf die Grundzüge für eine Lösung des Fluglärmkonflikts geeinigt und dazu eine gemeinsame Absichtserklärung unterzeichnet. Diese Grundzüge werden nun noch weiter konkretisiert und in einem Staatsvertrag verankert. Der Staatsvertrag soll bis im Sommer 2012 unterzeichnet werden. Dieses Zitat aus dem Lead der UVEK-Medienmitteilung vom 28.1.2012 signalisiert den Bankrott der Schweizerischen Luftverkehrspolitik – Deutschland diktiert vollumfänglich die Inhalte des Staatsvertrages unter Ignorierung der Fakten und Realitäten insbesondere für die Lebensqualität im Grossraum Zürich – diesmal kommt die deutsche Kavallerie per Düsenflugzeug oder per Taxi!

Davos zu WEF-Zeiten ist Ausnahmezustand: die Armee ist im Einsatz, das Demonstrationsrecht wird massiv eingeschränkt, auch braucht der Flughafen einiges an Ausnahmeregelungen für die WEF-TeilnehmerInnen. Ausgerechnet dieses antidemokratische und machttümmelnde Umfeld nutzen also Bundesrätin Leuthard und Verkehrsminister Ramsauer für die Ankündigung eines Staatsvertrages, welcher offenbar ausschliesslich die Interessen Deutschlands berücksichtigt und die Menschen in der Grossregion Zürich ignoriert.

Der Zürcher Alt-Bundesrat Moritz Leuenberger hat – sicher auch aus der eigenen Betroffenheit – in der Regelung der Fluglärmdifferenzen mit Deutschland sehr zurückhaltend und immer mit Blick nach Zürich gearbeitet. Frau Leuthard illustriert, dass ihr die Menschen in der Region Zürich schlicht egal sind – und wirft damit gleichzeitig all die hehren Nachhaltigkeitsdeklaration über Bord. Und dies ausgerechnet am Tag nach der Bekanntgabe der neu gefassten bundesrätlichen Strategie „Nachhaltige Entwicklung“. Frau Leuthard arbeitet in erster Linie kräftig daran, das Wort „Nachhaltigkeit“ verstärkt zur inhaltslosen Worthülse weiterzuentwickeln.

Auch Herr Ramsauer hat bis jetzt eher gezeigt, dass ihm FlughafenanwohnerInnen schlicht egal sind – etwa im Zusammenhang mit den „Landesflughafen Berlin“. So hat sein Ministerium die Veröffentlichung eines UBA-Lärmgutachtens erheblich behindert, und ihm unterstellte Stellen weigern sich, die fachlich ausgewiesenen Vorschläge des Lärmgutachtens umzusetzen. Beim „eigenen“ Flughafen berlin sind ihm die AnwohnerInnen egal! Darum ist es ja so wichtig, dass die Menschen aus Süddeutschland direkt mit „eigenen“ Taxis vom und zum Flughafen reisen können: damit sie nicht miterleben müssen, welche massiven Lebensqualitätseinschränkungen diese deutsche Zechprellerei zur Folge hat. Selbst aus Deutschland wäre es ohne grössere Schwierigkeiten möglich, den Flughafen Zürich mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen – aber eben, da müsste man sich mit der unter den Auswirkungen des Flugverkehrs leidenden Bevölkerung in den gleichen Eisenbahnzug oder den gleichen Bus setzen.


Fakt ist: Flugverkehr ist und bleibt nicht nicht nachhaltig – mit oder ohne Staatsvertrag. Ganz einfach: es wird zu viel geflogen, auch südlich, auch nördlich der Rheingrenze zwischen Deutschland und der Schweiz! Dieser Staatsvertrag wäre endlich die Gelegenheit, eine Politik einzuleiten, die auch den Flugverkehr Richtung Nachhaltigkeit auf den Weg bringt: fünf mal weniger Flugverkehr ist gefordert – neben der deutlichen Verminderung der Fluglärmbelastung ergeben sich erhebliche Auswirkungen auf den Verbrauch von fossilen Treibstoffen – so sieht echter Klimaschutz aus!