Direkte Demokratie: nicht nur VerliererInnen und GewinnerInnen, sondern ein Prozess

Die Volksabstimmung vom 17. Juni 2012 mit 9 Vorlagen hat bei Bund und Kanton Zürich wieder einmal zu gemischten Ergebnissen geführt: die Vorschläge von Exekutiven und Legislativen wurden häufig, aber nicht durchgehend befolgt. Keinen Erfolg hatten Initiativen mit egoistischen Motiven. Der Erfolg der grünen Kulturlandinitiative im Kanton Zürich schliesst nahtlos an das Ja der Stimmberechtigten zur Zweitwohnungsinitiative an.

Zwei der drei Nein auf CH-Ebene entsprechen zumindest den Empfehlungen des Bundesrat Bundesrates. Mit dem Nein zur so genannten Bausparinitiative dürfte klar sein, dass die Wohneigentumsförderung bereits maximiert ist und jetzt andere Formen, etwa der genossenschaftliche Wohnungsbau, zu fördern sind.

Die AUNS ist offenbar unterdessen zum politischen Schreckgespenst verkommen. Selbst wenn Vereinfachungen für Referenden von zentraler Bedeutung sind (da kann nur mitreden, wer schon selbst innert brutto 90 Tagen versucht hat, mindestens 51’000 Unterschriften zu sammeln), wurde das berechtigte Anliegen wegen der Herkunft des Anliegens im Parlament abgeschmettert nicht einmal ernsthaft beraten. Meine Konsequenz: ich werde kaum mehr bei Referenden unterschreiben, und ich werde bei umweltnetz.ch keine Links zu laufenden Referenden mehr veröffentlichen. Der hohe Nein-Stimmenanteil schwächt einmal mehr die direkte Demokratie. Es wird spannend sein, welche Wirkung die Kombination von AUNS und JUSO bei den Referenden gegen die Steuerabkommen entfalten wird.

Bei den Abstimmungen über Managed Care auf nationaler und Spitalplanung-/-finanzierung auf kantonaler Ebene ist die Beurteilung des Ergebnisses schwierig – sowohl auf nationaler wie kantonaler Ebene waren die Exekutiven wenig bis nicht erfolgreich. In diesem Teilprozess Gesundheits- resp. Krankheitswesen wird es immer wieder zu Abstimmungen kommen, die letztlich zu einem Schlängelkurs führen – auch ein gesundes Gesundheitswesen ist auf das garantierte Grundeinkommen für alle angewiesen.

Wohneigentumsförderung, lange Ladenöffnungszeiten und Privatschulen wurden von deutlichen Mehrheiten eindeutig als egoistische Ansätze eingeschätzt – die deutlichen Ergebnisse lassen erwarten, dass in diesen Bereichen Liberalisierungs- und Privatisierungstendenzen etwas zurückgebunden werden konnten.

Das sehr knappe Nein zur Anpassung des kantonalen Steuerrechts an die Vorgaben der nationalen Unternehmensbesteuerung zeigen, dass es mit der (übermässigen) Steuerentlastung der Unternehmen voraussichtlich vorbei ist.

Mit dem Ja zur Kulturlandinitiative lässt sich auch das Ja der ZürcherInnen und Zürcher zur Zweitwohnungsinitiative besser einordnen. Wie schon im März zum Abstimmungsergebnis ausgeführt, geht es nicht um ein Misstrauensvotum gegenüber dem Berggebiet, sondern die Wahrnehmung der Verantwortung auf einem begrenzten Planaten – Raum ist ein knappes, ein begrenztes Gut, und damit ist haushälterisch umzugehen. Zur Illustration: die gemeindeweisen Ja-Anteile der beiden Initiativen im Kanton Zürich – das relativ hohe Bestimmtheitsmass lässt den Schluss zu, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit die Stimmberechtigten die beiden Initiativvorhaben ähnlich beurteilen.

Ich weiss noch nicht, ob ich mich ärgern soll oder ob es besser wäre, die Sache einfach zu ignorieren: die Verkehrsabgaben, die die ZürcherInnen beschlossen haben, sind etwas vom dümmsten, was der Kantonsrat den Stimmberechtigten in den letzten Jahren vorgelegt hat. Und auch die Grünen werden immer schlapper: für einen Hauch Ökologie sagen sie Ja zu Geld für noch mehr Strassen.