Befreit die Schweiz vom Joch der Bau- und Erdölmafia

Die schlicht nicht vorhandene Umsetzung der Alpeninitiative und ein zu befürchtendes ähnliches Schicksal der Initiative gegen den uferlosen Bau von Zweitwohnungen weist auf ein zentrales Problem in diesem Land hin: vor und hinter den Kulissen bestimmen die Bauwirtschaft und die Erdölwirtschaft den Gang der Dinge – die Automobil- und Transportwirtschaft wird ebenfalls von diesen Kreisen gesteuert. Wirtschaft oder Mafia? Diese Frage stellt sich in der Schweiz nicht wirklich – die Schweiz ist zu klein, um eine Real- und eine Schattenwirtschaft zu unterhalten. Aber: Bau- und Erdölwirtschaft sind international, daher gelten auch in diesen Bereichen die internationalen Sitten und Gebräuche. Wenn die Schweiz vorankommen will, muss sie sich aus dem Joch der Bau- und Erdölmafia befreien!

Die Alpeninitiative verstösst gegen die Interessen sowohl der Bau- als auch der Erdölwirtschaft (und der damit verbundenen Automobil- und Transportwirtschaft): die Bauwirtschaft profitiert in erheblichem Umfang von den Bauaufträgen für den Strassenbau – die Alpeninitiative verhindert einen zweiten Gotthard-Strassentunnel. Die Alpeninitiative will eine Einschränkung zumindest des Strassengüterverkehrs, damit sind wegen des voraussichtlich verminderten Dieselverbrauchs die Interessen der Erdölwirtschaft betroffen. Und in deren Gefolge die Interessen der Fahrzeugindustrie.

Die Initiative gegen den uferlosen Bau von Zweitwohnungen betrifft zuerst die Interessen der Bauwirtschaft – diese und die ihr nahestehenden PolitikerInnen sind es denn auch, die derzeit versuchen, das abstimmungsmässig zwar knappe, aber juristisch klare Verdikt der Initiative zu unterlaufen. Da Zweitwohnungen im Kopf vieler BesitzerInnen nicht ohne Auto funktionieren, sind auch hier die Interessen der Erdölwirtschaft – und damit der Automobilwirtschaft – direkt tangiert. Im übrigen: die hoch gejubelten so genannt autofreien Kurorte stören die Bau- und Erdölmafia nicht – bei sämtlichen dieser Orte ist der wichtigste Zutrittsort immer noch der Parkplatz, das Parkhaus oder die Tiefgarage beim Ortseingang oder bei der Talstation einer Bahn.

Der Bau- und Erdölmafia ist die Nachhaltigkeit egal – es geht bloss um die aktuellen Umsatzzahlen (Beispiel Lohnentwicklung Peter Voser, CEO Royal Dutch Shell). Dass insbesondere FDP und $VP in Abhängigkeit von der Bau- und Erdölwirtschaft, zum Teil auch der damit verbundenen Autowirtschaft, stehen, ist bestens bekannt. Auch die Demokratie ist in wesentlichen Teilen von der Bau- und Erdölmafia gekauft.

Im Verbund mit der Stromwirtschaft behindern die Bau- und Erdölwirtschaft die dringend notwendige Energiewende und den Atom-Ausstieg (auch da gehts wieder um Bauinteressen). Die Bauwirtschaft hat es bis jetzt verpasst, sich auf die Erneuerung des Gebäudeparks auszurichten. Kluge, kostengünstige Lösungen kann die Bauwirtschaft nicht bieten, vieles wirkt improvisiert und eher gebastelt als von Profis wohlüberlegt gebaut, die fachliche Qualifikation der AkteurInnen auf der Baustelle ist in vielen Fällen ungenügend. Solange die Bauwirtschaft auf den Strassenbau und landschaftszerstörende Neubauten von Einfamilienhäusern konzentriert ist, gelingt es auch mit unsinnigen Lösungen wie „Das Gebäudeprogramm“ nicht, die Weichen in Richtung nachhaltige Entwicklung des Gebäudeparks zu stellen. Das Gebäudeprogramm finanziert in erster Linie die übermässigen Kosten der nicht auf den Erneuerungsmarkt ausgerichteten Bauwirtschaft – und betreibt damit Strukturerhaltung in einem offensichtlich mafiösen Wirtschaftsbereich. Auch ein Grund, warum ich schon länger fordere, auf die Subventionitis mit Energie-/Klimaschutzmotivation zu verzichten.

Um echte Veränderungen zu bewirken, braucht es so rasch als möglich ein Verbot von neuen Oelheizungen und ein Verbot, bestehende Oelheizungen wieder durch eine Oelheizung zu ersetzen – gleiches gilt für Erdgasheizungen.

Im übrigen: wer behauptet, der Alpenraum könne nur durch das dauernde Zubauen von Zweitwohnungen überleben, hat die Herausforderungen nicht verstanden – und ist Teil des Problems und kann kaum zu nachhaltigen Lösungen beitragen.


Nachtrag 18.3.2012

„Lobby“ ist durchaus ein Synonym für die Mischung aus Wirtschaft und mafiösen Aspekten, die ich in meinem Beitrag darstelle. «Wir haben keine Baulobby, die uns einen überbordenden Zweitwohnungsbau aufzwingen könnte», wird der Lecher Bürgermeister Ludwig Muxel in der Sonntagszeitung vom 18.3.2012 zitiert. In diesem Artikel wird das auch aus ökonomischer Sicht Erfolgsmodell der Östereichischen Ferienregion Lech-Zürs dargestellt – dank eines sehr geringen Zweitwohnungsanteils! Die Beschäftigungsmöglichkeiten, die allenfalls wegen des wegfallenden Zweitwohnungsbaus fehlen, kann die Bauwirtschaft locker auffangen, wenn sie sich endlich ernsthaft mit der nachhaltigen Werterhaltung und -steigerung des Gebäudeparks Schweiz beschäftigt!

Erste Fassung: 17.3.2012