Tiefe Steuern: keine staatliche Aufgabe!

Die Stimmberechtigten des Kantons Zürich haben am 8. Februar 2009 knapp entschieden, die Pauschalbesteuerung von reichen AusländerInnen abzuschaffen. Die Stimmberechtigten geben damit ihrer Meinung Ausdruck, dass es nicht Aufgabe des Staates ist, für möglichst tiefe Steuern zu sorgen.

Während langen Jahren hat sich die Finanzwirtschaft erhaben von der realen Wirtschaft abgehoben. Seit offensichtlich ist, dass es die „Besten der Besten“ geschafft haben, mit ihren undurchsichtigen Finanzkonstrukten auch die Realwirtschaft an die Wand zu fahren, was die ökonomische Situation sehr vieler Menschen erheblich beeinträchtigt, dämmert es immer mehr Menschen, dass es wenig Sinn macht, die Reichen, Reichsten und Superreichen zu schonen. Wer so viel Geld zur Verfügung hat, hat dies nur geschafft, weil andere Schaden davon getragen haben – viel schlimmer, nicht nur finanziellen Schaden und gerade jetzt, sondern: „Statt von den Zinsen zu leben, zehren die Reichsten vom Kapital anderer Menschen und zukünftiger Generationen“ (sinngemäss angepasstes Zitat des Nachhaltigkeits-Monitoring MONET des Bundes) – es geht also nicht nur um Geld, es geht um die übermässige Beanspruchung von Ressourcen, den übermässigen Verbrauch endlicher Rohstoffe, um übermässige Belastungen des Lebensraumes, Stichwort Klimawandel. Mit Sicherheit: Reiche, Reichste und Superreiche verfügen über einen massiv zu grossen ökologischen Fussabdruck (was nichts daran ändert, dass dieser auch beim durchschnittlichen Schweizer, der durchschnittlichen Schweizerin viel zu gross ist).

Die Politik hat sich viel zu lange und in Komplizenschaft mit der Finanzwirtschaft auf tiefe Steuerbelastungen konzentriert – immer mussten die Ausgaben des Staates den immer kleiner werdenden Einnahmen angepasst werden. Und dies, obwohl die Aufgaben des Staates immer mehr angewachsen sind, nicht zuletzt wegen der Zechprellerhaltung der Reichen, Reichsten und Superreichen. Der Staat hat dafür zu sorgen, dass alle Bewohnenden eines Staates anständige Lebensbedingungen vorfinden, schlicht ihre Existenz gesichert haben. Und im Gegensatz zu den individuellen egoistischen Interessen hat der Staat auch für Gerechtigkeit zu sorgen, zwischen den jetzt lebenden Menschen, aber auch vorausschauend für die Menschen zukünftiger Generationen.

Am Beispiel des menschgemachten Klimawandels: Derzeit gibt es bloss Ahnungen über die möglichen Folgen des Klimawandels. Gesichert ist jedoch, zum Beispiel aufgrund des Stern-Reports, dass es wesentlich günstiger ist, den Ausstoss der Treibhausgase rasch und deutlich zu vermindern, statt zukünftig die Folgekosten der Schäden aufgrund des Klimawandels zu berappen. Dies gilt schon fast generell, also nicht nur beim Klimawandel: Vorsorge ist langfristig billiger als Nachsorge! Und für eine ausreichende Vorsorge kann nur der Staat sorgen. Also braucht der Staat ausreichende Mittel! Dieser Mittelbedarf hat sich also am Bedarf nach vorsorgenden Aktivitäten des Staates und nicht an der Lust der Reichen, Reichsten und Superreichsten zur Bezahlung der ihnen zukommenden Steuerlasten auszurichten. Eine solche Forderung hat nichts mit Neid zu tun, sondern richtet sich ausschliesslich nach den Aspekten der Gerechtigkeit.

Die Abschaffung der Pauschalbesteuerung ist somit ein klarer Hinweis darauf, dass eine knappe Mehrheit der Stimmenden dem Allgemeinwohl mehr Gewicht beimisst als den Steuer-Optimierungs-Absichten der Reichen, Reichsten und Superreichen. Für die Politik heisst dies: produziert endlich Inhalte und kümmert Euch um deutlich mehr als tiefe Steuerfüsse!

Ein Aspekt dazu: Die bedingungslose Existenzsicherung für alle gehört zu einer der grundlegenden Aufgaben des Staates. Dies ist wesentlich wichtiger als die Investitionsprogramme und Abwrackprämien, die allerorten diskutiert werden: Investitions- und Impulsprogramme für den Kopf statt für Portemonnaie der Reichen, Reichsten und Superreichen!

Und in Ergänzung: wenn sich Reiche, Reichste und Superreiche überlegen, ob sie noch nach Zürich zügeln sollen, dann sollen sie lieber nicht nach Zürich kommen. Wer der Allgemeinheit nicht zukommen lassen will, was sie für die Deckung der Bedürfnisse der Allgemeinheit braucht, hat offenbar einige Probleme mit der Allgemeinheit. Immerhin ist diese Allgemeinheit dafür verantwortlich, dass beispielsweise die Stadt Zürich auch global betrachtet eine sehr hohe Lebensqualität hat! Und noch dazu: ob Reiche, Reichste und Superreiche für den Finanzhaushalt einer Kommune überhaupt Vorteile bringen, kann bezweifelt werden. Gemeinden und Kantone mit hoher Steuerkraft haben zu recht an den Steuerkraftausgleich mit den anderen Gemeinden und Kantonen beizutragen, Gemeinden an der Zürcher Goldküste oder steuerkräftige Kantone wie etwa Zug sind gar nicht begeistert von diesen Abschöpfungen. Mit anderen Worten: eine geringere Steuerkraft ist letztlich nachhaltigere Finanzpolitik für die steuerkräftigen Gemeinden!