Der Samichlaus ist ein Brauchtum, das sich an einen historischen «Heiligen» anlehnt. Um der Klimakrise zu begegnen, braucht es epochale Veränderungen. Lassen sich historisch angelegte Bräuche nutzen, um viel mehr für den Klimaschutz zu erreichen?
Samichlaus bei der Nationalbank
#Samichlaus4Future via Campax hat versucht, am Morgen des 6. Dezember 2021 bei Nationalbank-Direktor Thomas Jordan einen Chlausbesuch zu machen. Zitate aus Texten von Campax:
«Samichlaus und Schmutzli sind gekommen mit der weltgrössten Fitze und einem Jutesack, der den Namen des grössten Sünders im Quartier trägt: Thomas.
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Thomas war dieses Jahr sehr unartig. Er hat erneut Milliarden in Öl- und Gasunternehmen investiert und damit die Klimakatastrophe, Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen massiv vorangetrieben.
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Doch Thomas kommt nicht raus, um sich dem Tadel von Samichlaus zu stellen. Womöglich schämt er sich für sein Verhalten?»
Denn: eigentlich hat sich die Nationalbank spätestens 2015 verpflichtet, «keine Investitionen zu tätigen, die systematisch gravierende Umweltschäden verursachen.» Denn: Die Klimaschmutz-Investitionen der Schweizerischen Nationalbank machen derzeit etwa die Hälfte des CO2-Fussabdrucks der Schweiz aus!
Entgegen den Anlagepolitik-Richtlinien der Schweizerischen Nationalbank (SNB) behauptet ein $VP-Vertreter noch im Dezember 2021: «Es kann nicht Aufgabe der SNB sein, Klimapolitik zu betreiben.» Andererseits: es kann auch nicht Aufgabe der SBN sein, Klimaschmutz-Politik zu betreiben, wie es heute leider üblich ist.
Wir müssen mehr Klimaschutz erreichen
Der Samichlaus dürfte allerdings sowohl bei der SNB wie bei der $VP einen schweren Stand haben. Dies lässt sich aus dem Buch «Propagandaschlacht ums Klima – Wie wir die Anstifter klimapolitischer Untätigkeit besiegen.» von Michael E. Mann schliessen. Zumindest derzeit schämt sich (fast) niemand für Klimaschmutz-Realitäten. Samichlaus bringt ja – manchmal auch ohne Fitze – einen Jutesack mit Früchten und Nüssen, dazu Schokolade und vielleicht einen Lebkuchen.
Für ernsthaften und enkel*innen-tauglichen Klimaschutz braucht es sowohl individuelles Handeln wie Systemveränderungen. Was wäre zu tun, um sich jedes Jahr einen schönen Chlaussack zu gönnen? Klar ist dabei: Bisher wurde zu wenig erreicht! Dies gilt nicht nur für Berlin (oder Zürich)!
Sammlung von Klimaschutz-Ansätzen
Daher hier eine unvollständige Sammlung von weiter- und zielführenden Klimaschutz-Ansätzen. «Zielführend» meint hier Netto Null möglichst rasch, auf jeden Fall deutlich vor 2040!
Gebäude und Energiewirtschaft
- Viele Städte sind nach wie vor aktiv im Erdgas-Geschäft. In diversen Städten sind Funktionen in der Exekutive und in den Gremien der Klimaschmutz-Gaswirtschaft eng verflochten. Da braucht es eine klare Haltung. Divestment aus der fossilen Klimaschmutz-Wirtschaft ist zwingend nötig!
- Noch vor Jahren gab es viele politische Kreise, die nichts oder sehr wenig von erneuerbaren Energien gehalten haben. Um die leitungsgebundenen Energien zu erhalten, haben diese Kreise unterdessen erkannt, dass mit «überschüssigem» Strom aus erneuerbaren Quellen Wasserstoff oder andere Brennstoffe produziert werden könnten, zwar mit schlechtem Wirkungsgrad und zu hohen Kosten. Aber eben, damit könnten vorsätzlich falsche Investitionen in Gasinfrastruktur etwas länger genutzt werden. Klar ist: zum Füllen der fossilen Gaslöcher taugt dies nicht – mittelfristig gibt es nur eine Lösung: alle Bauten müssen mindestens zu Null-, besser sogar zu Plus-Energie-Bauten werden!
- Für jedes Gebäude braucht es einen verbindlichen Plan, wie in den nächsten höchstens zehn bis fünfzehn Jahren der Status Null-Energie oder noch besser Plus-Energie erreicht wird; dazu gehört etwa die Nutzung der Sonnenenergie auf allen dafür geeigneten Gebäudeflächen. Es gibt bereits eine beachtliche Zahl von realisierten Beispielen – hier geht es also vor allem darum, dass «wir alle» dies auch erreichen wollen. Einzubeziehen sind ebenso Überlegungen zum Umgang mit den sommerlichen Folgen der Klimaerhitzung. Hilfreich ist, wenn «Urban Gardening» integriert werden kann.
Konsum und Ernährung
- Auf Kehrichtfahrzeugen, die in der Stadt Zürich unterwegs sind, ist zu lesen: «Tschüss Abfall. Hallo Wärme.» Abfall ist eindeutig ein Merkmal der Wegwerfgesellschaft – daraus Wärme zu produzieren, ist hochgradig «Green Washing». Wir brauchen so rasch wie möglich eine echte Kreislaufwirtschaft. Darum sind Kehrichtverbrennungsanlagen so rasch als möglich stillzulegen – und es ist ab sofort kein Rappen mehr in Fernwärmesysteme zu investieren, die Wärme aus Kehrichtverbrennung verwerten.
- Frische Spargeln an Weihnachten – irgendwo in der Welt produziert, auf welchen Wegen auch immer auf unsere Tische gebracht. So sehen Gegenwart und sicher Zukunft nicht aus. «Frische Spargeln» steht als ein Lebensmittel unter vielen. In Ergänzung dazu ist «Food Waste» deutlich zu vermindern (selbst wenn dies dazu führt, dass weniger Biogas produziert werden kann).
- Frage: Verdient das Fairphone seinen Namen? Antwort: Jein! So zumindest das Ergebnis einer Republik-Analyse. Die Öko- und Sozialbilanzen derartiger Produkte sind nach wie vor hochgradig negativ. Als ein kleines Beispiel aus der Republik-Analyse: mit einem Aufpreis von 1.50 Euro pro Fairphone ist es möglich, dass die Menschen, die diese Smartphones produzieren, einen «zum Leben ausreichenden Lohn» erhalten. Es wären allerdings weitere Aufpreise nötig, um allen Beschäftigten in der gesamten Produktionskette von den Rohstoffen über die Verkaufsstelle bis zum Kreislauf-Anfang und -Schluss solche Löhne bezahlen zu können. Auch da sind noch viele Chlausbesuche erforderlich!
Verkehr
- Das Auto gilt nach wie vor als «heilige Kuh». Es braucht auch in den Köpfen und Herzen der Menschen noch einiges an Veränderungen, um Alltagsräume zu ermöglichen, in denen das Leben – Leben, Arbeiten, Ausbildung, Erholung, Entspannung, Kultur, Kunst, Genuss, Perspektiven und so weiter – in einem Umkreis von 15 Minuten Bewegung möglich ist.
Chlaussäcke als Beitrag für mehr Klimaschutz?
Es führt nichts daran vorbei: eine enkel*innen-taugliche Welt braucht «schnelle, weitreichende und beispiellose Veränderungen in allen Bereichen der Gesellschaft». Wir alle müssen dies wollen. Schön, wenn die Chlaussäcke einen Beitrag dazu leisten können!
PS: Der Samichlaus-Brauch geht auf den heiligen Nikolaus von Myra zurück. Ob es allenfalls angezeigt ist, zukünftig eher den Namen «Nicola» – gilt als weiblicher und männlicher Vorname – zu verwenden?