Begriffe wie Strommangellage, Gasmangellage, (Strom-) Blackout prägen die energiepolitische Wahrnehmung seit etwa Sommer 2022. Dystopische Szenarien verlangen zwingend nach nachhaltigen und damit enkel*innen-tauglichen Entwicklungen!
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und damit verbunden Diskussionen über die Erdöl-, Gas- und Uran-Lieferungen aus Russland, umfassende geplante und ungeplante Atomkraftwerk-Stilllegungen, der heisse und eher trockene Sommer führen zu dystopischen Szenarien, dass Gas, Öl und Strom im Winter 22/23 knapp werden könnten, allenfalls nicht mehr verfügbar sind, zumindest zeitweise.
Niemand möchte grössere Blackouts erleben
In Volkswirtschaften, die nach wie vor von der unbegrenzten Verfügbarkeit insbesondere von fossilen und nuklearen Energieträgern ausgehen, ist bereits eine kurzzeitige Reduktion von Raumtemperaturen in beheizten Räumen negativ behaftet. Weil bekanntlich «jede Kilowattstunde zählt», werden beispielsweise Überlegungen zu möglicherweise reduzierten Weihnachtsbeleuchtungen sehr schnell hochgradig emotional. Wir alle wissen nicht, welche Auswirkungen kurz-, mittel- oder langfristig nicht verfügbare Energien auf unser Leben haben. Niemand möchte Dinge erleben, wie sie im Technik-Thriller «Blackout – Morgen ist es zu spät» von Marc Elsberg erzählt werden.
Suffizienz, Effizienz und Konsistenz helfen allenfalls auch kurzfristig – sie sind auf jeden Fall wichtig für die nachhaltige Entwicklung
Energiesparkampagnen gibt es bereits sehr lange Zeit mit unterschiedlichen Motivationen. Ein Aspekt ist die Verminderung der Kosten der Energieanwendungen, in einer ersten Stufe mit der Absicht, unsinnigen und unnötigen Energiekonsum zu vermeiden. Die Verminderung der Abhängigkeit von despotischen Energieressourcenländern oder eine Verminderung der Umweltbelastung können weitere Motivationen sein. Oder eben jetzt Überlegungen, den Energieverbrauch zu vermindern, um die dabei eingesparten Energien zu einem späteren Zeitpunkt zur Spitzenabdeckung verfügbar zu machen.
Energiespartipps gibt es in unendlicher Vielzahl. Auch wenn nicht mehr zwingend alle Tipps stimmen, folgt an dieser Stelle ein automatischer Energiespar-Phrasendrescher, den ich vor einigen Jahren erstellt habe.
Seit langer Zeit werden offenbar die mehr oder weniger gleichen Energiespartipps vermittelt, mit hin und wieder Anpassungen an technologische Veränderungen. Es ist sicher schwierig, aus der Fülle von Tipps die individuell passenden Handlungsmöglichkeiten auszuwählen. Zudem geht es häufig darum, «dumme» Technik zu korrigieren. Oder es wäre hin und wieder etwa bei Wohnbauten zu klären, welches die Aufgaben von Mietenden und Eigentümerschaften zur Verminderung und Optimierung des Energieverbrauchs sind. Hilfreich könnten auch verschiedenartige Ansätze zur Belohnung eines energieeffizienten Verhaltens sein. Geradezu hämische Medienartikel (ein Beispiel, ein weiteres Beispiel) dienen der Sache nicht wirklich.
Es ist leider so: die heutige Praxis der Energiespartipps ist nicht wirklich ein errnsthafter Umgang mit den Nachhaltigkeitsprinzipien Suffizienz und Effizienz. Wenn «Jede Kilowattstunden zählt» wirklich gilt, braucht es noch einiges mehr als Kampagnen wie «Energie ist knapp. Verschwenden wir sie nicht.»
Zur Betonung: ein ernsthafter Umgang mit Suffizienz und Effizienz ist zentral für eine nachhaltige, eine enkel*innen-taugliche Entwicklung!
Auch erneuerbare Energien enkel*innen-tauglich nutzen: nachhaltige Konsistenz ist zwingend!
Zumindest die ständerätliche «Energiekommission» UREK-S hat am 29. August 2022 mitgeteilt, dass ihr Nachhaltigkeit völlig egal ist bei Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien. Beispielsweise sollen für Freiflächen-Photovoltaikanlagen im alpinen Gelände die Planungs- und Umweltverträglichkeitsprüfungs-Pflicht abgeschafft werden, und derartige Anlagen sollen in der Prioritätenordnung vor allen anderen Interessen von kantonaler udn nationaler Bedeutung stehen. So offensichtlich hat bis heute kaum ein parlamentarisches Gremium gezeigt, dass keinerlei Interesse an einer nachhaltigen, einer enkel*innen-tauglichen Entwicklung besteht.
Die Erfahrungen zeigen: ist ein Vorhaben wirklich nachhaltig, kann die Umweltverträglichkeit bestens nachgewiesen werden, und allfällige Rechtsmittelverfahren können schnell durchgeführt werden. Eine Anlage wie «Gondosolar» ist nicht nachhaltig realisierbar (ich habe auf Alpjerung und dem Weg dorthin ganz genau hingeschaut). Dies gilt auch für «Saflischsolar» in der vorgeschlagenen Grösse von fünf Quadratkilometern.
Weil nicht nur die Schweiz beim Ausbau erneuerbarer Energien bisher versagt hat, ist es trotzdem nicht zulässig, die Verfassungsbestimmungen zur nachhaltigen Entwicklung für neu zu realisierende Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien ausser Kraft zu setzen, siehe dazu auch der NZZ-Artikel „Rechtsprofessor [Peter Hettich] zur «Lex Bodenmann»: «Alpine Solaranlagen erhalten einen Freipass – und das ist keine gute Idee»„.
Weitere Überlegungen zum dringend nötigen Solar-Sprint: Energieversorgung – schnelle, weitreichende und beispiellose Veränderungen.
Wir brauchen «schnelle, weitreichende und beispiellose Massnahmen» auch zur Konsistenz, zur Nutzung erneuerbarer Energien. Die Konkretisierung der Nutzung erneuerbarer Energien muss zwingend nachhaltig und damit enkel*innen-tauglich sein!