Konjunkturprogramme: Strukturerhaltung oder Zukunftsperspektiven?

Weltweit werden derzeit Konjunkturprogramme geschnürt (siehe auch hier). Am Beispiel von Deutschland lässt sch die Fragwürdigkeit solcher Programme aufzeigen.

Weil bekanntlich die Autoindustrie in Deutschland einen beträchtlichen Anteil an der Beschäftigung hat, ist es eine (zu) simple Idee, mit einer „Abwrackprämie“ den Absatz neuer Autos anzukurbeln. Grotesk wird die Diskussion, wenn Vorschläge auf den Tisch kommen, die für neue teure und damit massiv übermässig CO2 emittierende Fahrzeuge besonders hohe staatliche Beiträge vorsehen. Strukturerhaltung in doppelter Hinsicht: erstens kann die Autowirtschaft ihre Spritsaufer loswerden, Fahrzeuge mit Konzepten aus dem letzten Jahrhundert, zweitens, und dies ist mindestens so bedeutungsvoll: da viele staatliche Infrastrukturfinanzierungen und Steuererträge vom Wert der gekauften Güter abhängen, befürchten FinanzministerInnen bereits reduzierte Einnahmen.

Viele Konjunkturprogramme münden sehr schnell in Auftragsgenerierung für die Bauwirtschaft hinaus. Da werden all die strassenbaulichen Wunschprogramme mehrerer Jahrhunderte aus der Schublade gezerrt. Autobahnen, Brücken, Tunnels sollen da gebaut werden, auf Pump (Erhöhung der Staatsverschuldung) selbstverständlich, was ebenfalls doppelt unsinnig ist: der Spielraum des Staates für die wirklich dringlichen Aufgaben wird kleiner, belasten diese unterhaltsintensiven Bauwerke den Haushalt in Zukunft zusätzlich. Da die Bauwirtschaft sehr ressourcenintensiv arbeitet, einen relativ kleinen Anteil an der Gesamtwirtschaft hat, ist zudem die konjunkturelle Hebelwirkung dieser Staatsmittel höchst fraglich. Zudem: angesichts der dringlich erforderlichen Massnahmen gegen den menschgemachten Klimawandel ist es unsinnig, Geld ausgerechnet in Infrastrukturen zu investieren, die bereits heute erheblich zum übermässigen Ausstoss der Treibhausgase beitragen.

Jede Form von Konjunkturprogrammen hat die Tendenz, Strukturerhaltung zu betreiben. Da werden Sachzwänge geschaffen, die den dringlich erforderlichen dauernden Wandel der Wirtschaft bremsen oder gar verhindern. In die gleiche Kategorie gehören die ewiggleichen Forderungen, der Staat müsse bloss für gute Randbedingungen für die Wirtschaft sorgen – was im Klartext jeweils die Abschaffung von Gesetzesbestimmungen bedeutet, darunter sehr viele Bestimmungen, die sicherstellen sollen, dass die Gemeinschaft vor dem Ellenbogen-Egoismus einzelner geschützt werden kann, z.B. im Umweltbereich.

Es macht keinen Sinn, wenn der Staat in die Sicherstellung der Erwerbsarbeit investiert. Staatdessen sollte sich der Staat auf die Existenzsicherung der Individuen konzentrieren, zum Beispiel durch ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle.