Harddiscounter Coop – Öko- und Sozialdumping ist angesagt!

Seit einiger Zeit sind (nicht nur) auf Coop-Verpackungen Angaben zu den „Inhaltsstoffen“ der Produkte angegeben – zum Beispiel zum Energiegehalt, Zucker, Fett, Eiweiss usw. Mit diesen Angaben werden einmal mehr Lebensmittel zu Komponenten-Lieferanten degradiert – die Bedeutung und der innere Wert als Lebensmittel kommt nicht mehr zur Sprache. Weil es nur noch um Nahrungsbestandteile geht, kann hier auch das Harddiscounting ansetzen.

Der Anteil der Nahrungsmittel an den Haushaltausgaben nimmt kontinuierlich ab. Waren es in der 50er-Jahren des letzten Jahrhunderts noch 30 %, so ist der Anteil für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke zwischen 1998 und 2006 von durchschnittlich 13.6 auf 12.1 % gesunken. Dieser Preisdruck ist nicht ohne Auswirkungen auf die Nahrungsmittelindustrie geblieben, gehören doch Skandale in dieser Branche weltweit unterdessen zu den ganz normalen Tagesaktualitäten, sei es der Gammelfleischskandal in Deutschland, Melamin-verseuchte Milch in China, Dioxin-Fleisch in Irland.

Jetzt will Coop die Preisschraube nochmals deutlich anziehen und bei den Harddiscountern mitmischen (siehe Medienmitteilung vom 4. Januar 2009). Wie dies geschehen soll, ist beispielsweise im Auto-Anzeiger-Online (früher Tages-Anzeiger) vom 4. Januar 2009 zu lesen: Coop erhöht nochmals den Druck auf die Lieferanten, will tiefere Einkaufspreise erzwingen! Wenn nochmals auf den Preis gedrückt wird, kommen ökologische und soziale Anliegen nochmals stärker unter Druck – Coop fördert das Öko- und Sozial-Dumping – und dies, obwohl dringlichst Handeln angesagt wäre!

Wichtig ist auch, dass aus den Nahrungsmitteln wieder Lebensmitteln werden – es geht eben nicht nur um Kalorien, Fett, Zucker und Eiweiss, sondern in erster Linie um die inneren Werte – Qualität, Umstände der Herstellung, Umgang mit dem Boden usw.

Sämtliche Lebensmittel müssen so rasch als möglich umfassend aus biologischem Landbau kommen. Ebenso sind für die Produktion hohe Sozialstandards einzuhalten – für Lebensmittel aus Asien, Afrika und Südamerika sollten diese mindestens mit dem Max Havelaar-Label. Ebenso ist es von zentraler Bedeutung, dass ein immer grösserer Anteil der Lebensmittel aus regionaler und saisonaler Produktion stammt.

Bei Coop gibt es bereits einige solche Produkte – wobei offenbar ausschliesslich aus Marketing-Überlegungen angeboten, damit man auch KundInnen, die Wert auf die inneren Qualitäten der Lebensmittel legen, in die Ladengeschäfte gebracht werden.

Hier ist Coop (wie die anderen Lebensmittelanbieter) gefordert: es braucht klare Zielvorgaben, bis wann z.B. 95 % der Lebensmittel Bio-Knospe-, Max-Havelaar-kompatibel sind und aus regionaler/saisonaler Produktion stammen – selbst dann, wenn sie einige Prozentchen mehr kosten! Als erstes könnte sich ja beispielsweise Coop dazu bereit erklären, auf Erdbeeren an Weihnachten und Spargeln noch vor der Fasnacht zu verzichten.


Nachtrag 24.1.09

In der Coop-Zeitung Nr. 4 vom 20. Januar 2009 macht Coop ein erstes kleines Schrittchen bei den Spargeln: es soll auf Frühaktionen verzichtet werden, was den Bedarf an „Flugspargeln“ deutlich vermindert. Verzichten will Coop auf dieses ökologisch verheerende Geschäfte allerdings nicht, weil man ja allen KundInnen etwas bieten will. In der Regel wird allerdings (fast) alles, was angeboten wird, auch tatsächlich gekauft. Darum ist diese Coop-Position bestenfalls scheinheilig – wie kann es sich ein derart grosser Marktplayer erlauben, etwas anzubieten, was sowohl der immer wieder kommunizierten Unternehmenshaltung nicht entspricht als auch gesellschaftspolitisch völlig quer in der Landschaft liegt?

Erste Fassung: 4.1.2009