Bundesrat: weiterhin keine Energiepolitik

  Als „historisch“ bezeichnete etwa der Tages-Anzeiger die wieder nicht erfolgte energiepolitische Weichenstellung durch den Bundesrat: wer nach dem 25. Mai 2011 weiterhin das Wort „Ausstieg“ für den Nicht-Kurs des Bundesrates in Sachen Atomenergienutzung benutzt, müsste sich klar werden, dass er oder sie eine semantische Umwertung eines eindeutig bezeichneten Wortes vornimmt. Der Entscheid des Bundesrates ist ein Ausfransel-Szenario – es können weniger als 50 Jahre AKW-Nutzunsgdauer sein, aber auch 60, ausschliesslich mit dem in Zusammenhang mit AKWs als unqualifiziert zu bezeichnenden Begriff „Sicherheit“ gekoppelt. Denn: nach Tschernobyl und Fukushima gibt es nur eine Sicherheit: Atomkraftwerke sind aus Prinzip unsicher, unabhängig von ihrem „Pass“ respektive Aufstellungsland..

 

Ich habe bereits mehrfach festgehalten, dass die Schweiz gar keine Energiepolitik hat. Ich habe aber auch formuliert, wie denn eine Energiepolitik aussehen müsste, die den Weg in eine fossil- und nuklear-freie Energieversorgung weist. Der Bundesrat nimmt keine einzige der von mir vorgeschlagenen energiepolitischen Massnahmen auf, sondern setzt die bisherige Nicht-Energie-Politik fort. Vorschläge wie ein längst als unwirksam idendifizierter Massnahmenmix, das Festhalten an Förderbeiträgen statt klaren Zielsetzungen bezüglich Zeitachse als auch Energieverbrauch illustrieren, dass der Bundesrat rein opportunistisch und nicht faktenorientiert entschieden hat.

Oder ist es wohl so, dass die schwächlichen Vorschläge der Grünen für eine Atomausstiegsinitiative – bei einer anvisierten maximalen AKW-Nutzungsdauer von 45 Jahren gegenüber den „mittleren“ 50 Jahren im bundesrätlichen Nichtentscheid – dem Bundesrat gar keinen Spielraum für die einzig mögliche Lösung neben dem ethisch begründbaren Sofortausstieg liess? Die tatsächlich als Ausstieg zu bezeichnende Stilllegung sämtlicher Schweizer Atomkraftwerke bis spätestens 2011 ist ökonomisch, sicherheitspolitisch und energiepolitisch mit Sicherheit eine bessere Variante als das aktuell vom Bundesrat vorgeschlagene Ausfransel-Szenario. Es wird spannend sein, wie nach der Menschenstrom-Demo vom 22.5.2011 das Parlament diesen nicht-energiepolitisch gedachten Vorschlag des Bundesrates beurteilen werden. Falls das Parlament diesen energiepolitischen Leerlauf unterstützt, werden die Stimm- und Wahlberechtigten für die erforderlichen Kurskorrekturen sorgen müssen.

Es lohnt sich festzuhalten: ein Ausstieg aus der Atomenergie nach 2021 ist mit schlicht mit gar keiner Argumentatorium haltbar!