Recht auf Nahrung statt Automobilitätswahn

Der Direktor des Internationalen Währungsfonds, Dominique Strauss-Kahn, weist auf die verheerenden Folgen der aktuellen und weltweiten Explosion der Lebensmittelpreise hin (z.B. NZZ vom 13.4.08. Eine der Ursachen dieser explosiven Preisentwicklung ist der Bedarf der reichen Ländern nach „Agrarrohstoffen“ zur Herstellung von Biotreibstoffen. Die Autos der Reichen saufen die Nahrung der „Armen“.

Die Europäische Union hat sich zum Ziel gesetzt, 10 % des Treibstoffbedarfes durch sogenannte Biotreibstoffe abzudecken – obwohl bekannt ist, dass sowohl die sozialen als auch ökologischen Auswirkungen dieses Planes verheerende Folgen für viele Menschen haben werden. Auch für die Schweiz ist die Steigerung des Anteils von Biotreibstoffen Gegenstand der Energiepolitik.

Der Treibstoffverbrauch in der Schweiz hat zwischen 1990 und 2006 um 12 % zugenommen. Die Abnahme des spezifischen Treibstoffverbrauchs pro Fahrzeugkilometer wurde durch die höhere Fahrleistung überkompensiert. Immer mehr Leute auch in der Schweiz bekommen ein schlechtes Gewissen wegen der von ihnen verursachten übermässigen Beanspruchung der Ressourcen. Es entspricht einer uralten Tradition – seit der Steinzeit – bestehende Probleme mit immer neuen Technologien anzugehen. Ohne dieses Verhalten wären viele liebgewonnene Gewohnheiten nicht möglich. Biotreibstoffe sind eine solche technologische Möglichkeit. Allerdings: um nur schon die aktuelle Zunahme des Treibstoffverbrauchs mit dieser Technologie abdecken zu können, risikiert die Menschheit eine explosive Erhöhung der Lebensmittelpreise – was zur Folge hat, dass sich ein steigender Anteil der Weltbevölkerung die Nahrungsmittel nicht mehr leisten kann. Und dies in einer Welt, in der bereits heute alle 30 Sekunden ein Kind an Hunger stirbt! Sogar die SVP der Stadt Zürich hat gemerkt, dass da einiges noch nicht stimmt, haben doch ihre Gemeinderatsvertreter Martin Bürlimann und Kurt Hüssy einen Vorstoss dazu eingereicht – der allerdings an Scheinheiligkeit kaum zu überbieten ist, da die SVP als vehemente und kritiklose Förderin der Automobilität tätig ist.

Agrotreibstoffe sind somit in der heutigen Form absolut untauglich, einen nachhaltigen Beitrag zur Erreichung der Ziele der 2000-Watt-Gesellschaft zu leisten.

Was ist stattdessen zu tun?

  • Es braucht endlich eine Verkehrspolitik, die den Verkehr begrenzt, um die Mobilität zu erhalten.
  • Staaten und Produzenten von Agrotreibstoffen haben sich zu verpflichten, keine Rohstoffe für die Produktion von Treibstoffen einzusetzen, die als Nahrungsmittel Verwendung finden.
  • Nach einer langen Phase der industrialisierten Landwirtschaft reift die Erkenntnis, dass zum Beispiel wegen des Artenschutzes oder der Erhaltung der Regenwälder eine naturnahe Landwirtschaft erforderlich ist. Dazu gehören beispielsweise temporäre Brachflächen. Wenn Flächen für den Anbau von Agrorohstoffen für die Treibstoffproduktion herangezogen werden, ist dafür zu sorgen, dass eine nachhaltige Bewirtschaftung erfolgt (Bio-Landwirtschaft, Schutz der Tropenwälder, …).
  • Es sind so rasch als mögliche unabhängige Labels zu schaffen, die den Konsumentinnen Gewähr bieten, dass Agrotreibstoffe vereinbar mit den Grundsätzen der nachhaltigen Entwicklung hergestellt werden.

Aus 2kwblog.umweltnetz.ch