Recht auf saubere Luft: das Bundesverwaltungsgericht kennt die Verfassung nicht!

Dieser Tage hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass es kein individuell einklagbares Recht auf saubere Luft gibt, somit letztlich kein Recht auf saubere Luft! Da haben offenbar die BundesverwaltungsrichterInnen ihre individuellen Vorlieben für das Autofahren über die Verfassung gestellt.

Dazu einige Zitate aus der Verfassung:

Aus der Präambel: in der Verantwortung gegenüber der Schöpfung,

Zweck-Artikel (2), Absatz 4: Sie setzt sich ein für die dauerhafte Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und für eine friedliche und gerechte internationale Ordnung.

Art. 10, Abs. 1: Jeder Mensch hat das Recht auf Leben.

Abs. 2: Jeder Mensch hat das Recht … auf körperliche und geistige Unversehrtheit

Art. 74 Umweltschutz
Abs. 1 Der Bund erlässt Vorschriften über den Schutz des Menschen und seiner natürlichen Umwelt vor schädlichen oder lästigen Einwirkungen.

Abs. 2 Er sorgt dafür, dass solche Einwirkungen vermieden werden. Die Kosten der Ver-
meidung und Beseitigung tragen die Verursacher.

Die Zitate zeigen eindeutig: die aktuelle Luftsituation in der Schweiz ist verfassungswidrig, weil nachweislich durch die Dreckluft der Schutz des Menschen vor den schädlichen und lästigen Einwirkungen nicht gewährleistet ist. Der Staat kann somit eines der höchsten verfassungsmässigen Rechte, nämlich das Recht auf Leben, das Recht auf körperliche Umversehrtheit nicht sicherstellen! Er kann dies nicht einmal für jene tun, die ihren Beitrag leisten, der erforderlich ist, um für saubere Luft zu sorgen. Das Bundesverwaltungsgericht missachtet somit ein zentrales Grundelement des Staates, nämlich die Solidarität – und schützt uneingeschränkt die EgoistInnen, die unbesehen von den Folgen ihre ignoranten Aktivitäten – in erster Linie Autofahren – ohne Rücksichtnahme ausüben! Das Bundesverwaltungsgericht ignoriert Verfassung und Rechtsstaat – wahrscheinlich zählen die BundesverwaltungsrichterInnen selbst zu jenen egoistischen Öko-IgnorantInnen.

Saubere Luft ist – obwohl von der Verfassung garantiert zugesagt – in diesem Land nicht zu haben. Es geht so weiter: auch der Lärm ist übermässig, der Staat mutet seinen Einwohnenden auch die unbekannten Auswirkungen von Genmanipulationen zu. Die Verfassung wird selbst vom höchsten Gericht dieses Landes regelmässig zur Makulatur gemacht, damit einige ignorante EgoistInnen ihre Präferenzen pflegen können.

Es ist bereits absehbar, dass die Schweiz auf ein weiteres solches Ökodesaster zusteuert: die Schweiz ist nicht in der Lage, ihre internationalen Verpflichtungen zur Verminderung des massiv übermässigen CO2-Ausstosses einzuhalten. Die Schweiz verhält sich in dieser Frage als Zechprellerin und Schmarotzerin: statt von den Zinsen zu leben, zehrt sie vom Kapital zukünftiger Generationen und anderer Länder (Zitat Nachhaltigkeitsmonitoring MONET des Bundes).

Mit dem Entscheid gegen das Recht auf saubere Luft gesellt sich das Bundesverwaltungsgerichtgericht zu den VerfechterInnen des Drei-Affen-Prinzips: Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen! Und macht sich damit im höchsten Mass verantwortlich für die Folgen dieser übermässigen Beanspruchung von Mensch und Umwelt.


Nachtrag 27. Juli 2008

Der Europäische Gerichtshof hat am 25. Juli 2008 entschieden: Es gibt ein Recht auf saubere Luft! Da müsste auch das Bundesverwaltungsgericht nochmals über die Bücher!

1. Fassung: 1. Februar 2008