Geldaristokratie ist nicht zukunftsfähig

Die Zürcher Stimmberechtigten haben am 28.9.2008 relativ knapp dem Baurechtsvertrag Winkelwiese zugestimmt, damit der Geldaristokrat Binder eine Supervilla – eigentlich eher einen Wohlstandsbunker – mitten in Zürich errichten kann. Auch wenn davon auszugehen ist, dass sich Herr Binder die entscheidenden Stimmenprozente gekauft hat, ist dieser Entscheid nach den demokratischen Spielregeln zustandegekommen, was allerdings überhaupt nicht heisst, dass er zukunftsfähig ist.

Ist es ethisch und moralisch verantwortbar, dass sich Geldaristokraten so viel Wohnfläche auf öffentlichem, also der Öffentlichkeit gehörendem Boden unter den Nagel reissen dürfen? Da wurden in der Abstimmung auch Scheinausflüchte angegeben. Es werde nach Minergie-Standard gebaut – das dürfte ja wohl selbstverständlich sein, wenn schon müsste es allerdings Minergie-P sein – und das ändert nichts an der Tatsache, dass sonst auf so viel Raum mehrere Familien wohnen! Oder anders: durch den unangemessenen Flächenanspruch von Herrn Binder wird bezogen auf die Pro-Personen-Wohnfläche ein Energiestandard erreicht, der trotz Minergie noch der lausigen Energiequalität vor der ersten Erdölpreiskrise 1973 entspricht.

Für Neubauten gehören heute Wärmepumpen zum schlichten Normalfall – und dass diese mit erneuerbaren Energien betrieben werden, ist nicht etwa eine besondere Leistung von Herrn Binder, sondern in der Stadt Zürich Standard: gemäss dem vom Gemeinderat genehmigten ewz-Wärmepumpentarif müssen sämtliche Wärmepumpen auf Stadtgebiet ausschliesslich mit erneuerbarem Strom mindestens der Qualitätsstufe ewz.naturpower betrieben werden. Herr Binder profitiert somit von einer in einem demokratischen Prozess festgelegten Qualitätsvorgabe für Wärmepumpenstrom. Wollte sich Herr Binder hervortun, müsste er die Wärmepumpe mit Strom betreiben, welcher ausschliesslich mit Solarzellen auf und am Neubau Winkelwiese erzeugt wird!

Mit andern Worten: das Bauprojekt Winkelwiese ist definitiv nicht zukunftsfähig, sowohl von der Flächenbeanspruchung als auch von der Gebäudetechnologie her. Und dieses Projekt steht im offensichtlichen Widerspruch zum Legislaturschwerpunkt „Nachhaltige Stadt Zürich – auf dem Weg zur 2000-Watt-Gesellschaft“, weil es dabei darum geht, sowohl den Energieverbrauch als auch den CO2-Ausstoss pro Person deutlich zu vermindern – im übrigen eine zwingende Vorgabe, soll der Plant Erde und die auf ihm lebenden Menschen eine Zukunftschance haben. Es geht um nichts anderes als um die Würde des Menschen und die Bewahrung der Schöpfung, somit um ethisch-moralische Werte.

Wer als Geldaristokrat derartige Flächenansprüche mit aus energetischer Optik ganz normalen Standards realisiert, nimmt die Verantwortung gegenüber Gesellschaft und Umwelt nicht wahr – umso erstaunlicher, dass eine knappe Mehrheit der Stimmberechtigten eine solche Verschwendungswirtschaft gutheisst.