Geld und Macht

Wahlsiege lassen sich kaufen, auch lässt sich dies mit der öffentlichen Meinung tun. Geld und Macht sind unheimliche Zwillinge.

Die SVP hat bei den Wahlen 2007 mehr Geld als alle anderen Parteien zusammen ausgegeben (TA-Online vom 29. April 08). Stimmberechtigte verhalten sich marktmässig – mit genügend Geld lässt sich der Stimmenanteil beträchtlich in die Höhe schrauben, und die ungerechten Wahlgesetze helfen nach (nach dem Motto „wer hat, dem wird gegeben“). Demokratien verkommen zu Monetokratien, zum Beispiel in der Schweiz und in Italien bestimmen alternde Milliardäre die Kaufkraft der von ihnen unterstützten Parteien.

Dringend ist vorerst das Schaffen von Transparenz: die Oeffentlichkeit muss wissen, wer die Stimmen kaufen will, muss wissen, wer die GeldgeberInnen hinter den Parteien sind. Dazu gibt es zwei Wege:

  • Sämtliche Finanzspenden an Parteien müssen zukünftig über eine Clearing-Stelle laufen – zur Entkoppelung des Einflusses der SpenderInnen auf die Parteien und zur Sichtbarmachung des Gesamtspendevolumens. Nur Spenden, die über diese Clearing-Stelle laufen, dürfen steuerrechtlich zur Verminderung des Einkommens der SpenderInnen berücksichtigt werden.
  • Sämtliche Spenden von Einzelpersonen und Unternehmen, die einen über das Jahr aufsummierten Wert von z.B. 5’000 Franken übersteigen, werden offengelegt.

Auffällig: wenn in einer Stadt wie Zürich einige hunderttausend Franken durch gewiefte SozialbetrügerInnen erschlichen werden, jaulen insbesondere SVP und FDP auf – zwar ist der Sozialbetrug selbst bei kleinen Beträgen möglichst zu verhindern. ABER: gleichzeitig verhalten sich genau die gleichen Parteien sehr sehr still, wenn die Schweizer Grossbanken gegen 50 Milliarden Franken in den Sand setzen. Nun ist es zwar so, dass es sich dabei um Eigenkapital handelt, und es sich bei Eigenkapital immer um Risikokapital handelt (es ist somit geradezu dumm, die Mittel der Altersvorsorge in Aktien anzulegen, weil bei Aktien selbst bei sogenannten Publikumsgesellschaften theoretisch immer ein hundertprozentiges Verlustrisiko besteht). Mit hoher Wahrscheinlichkeit dürften aber SVP und FDP darum so still sein bei den Verlusten der Grossbanken, weil erstens viele Kadermitarbeitende der Grossbanken Parteimitglieder sind, andererseits aber gerade darum die Grossbanken auch zu den Grossspendern von SVP und FDP gehören dürften.

Medien gelten in einer Demokratie als 4. Gewalt. Eine Umfrage kommt zu zwei erschreckenden Schlüssen:

  • 54 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer halten Medien für abhängig,
  • 53 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer glauben, dass die Medien finanziellem Druck ausgesetzt seien.

Ach unter Berücksichtigung der Fehlergrenzen solcher Umfragen wird klar: die Medien haben immer mehr Mühe, ihre Rolle als 4. Gewalt unabhängig und engagiert wahrzunehmen.

Ein kleines Beispiel zur Illustration: Es ist längst bekannt, dass das Zürcher Stadionprojekt Hardturm von Credit Suisse und Stadt Zürich (ein klassisches Beispiel einer misslungenen PPP (Private Public Partnership), siehe dazu mehr) klugerweise nicht realisiert würde. Und es gibt auch ein Alternativprojekt, welches ein Duplexstadion mit Fussball- und Eishockeyarena vorschlägt – entwickelt von einem renommierten Architekturbüro, unterstützt von namhaften Grössen aus der Sportpolitik.

Credit Suisse und Stadt Zürich haben – zwar mit externen ExpertInnen, aber nicht unabhängig beauftragt – das Projekt, wie nicht anders zu erwarten war, regelrecht zerzaust, ohne auf die Qualifikationen der ProjektpromotorInnen Rücksicht zu nehmen (TA-Online vom 1. Mai 2008). Also ein klassisches Gefälligkeitsgutachten – der TA-Artikel enthält sich jeglichen Kommentars, sondern berichtet bloss, offenbar sind die Stadt Zürich und insbesondere die Credit Suisse wichtig für den Geschäftserfolg des Tages-Anzeigers – wichtiger auf jeden Fall als die Zürichsee-Schifffahrts-Gesellschaft (ZSG), die wegen der Schwierigkeiten mit dem neuen Flaggschiff Panta Rhei mehrfach Gegenstand bösartiger Artikel war. Eine kritische journalistische Haltung ist wichtig und richtig, darf sogar bösartig sein – dann aber bitte konsequent und keine Hofschreiberei für die Grossbanken!

Ein schwerwiegender Fall wird aus Berlin berichtet: 1999 wurde ein Teil der Berliner Wasserversorgung an die Konzerne RWE und Veolia verkauft. Die Verträge zwischen der Stadt und den Konzernen sind geheim – es wird vermutet, dass darin Renditegarantien enthalten sind. Das Land Berlin will eine Volksinitiative, die solche Geheimverträge verhindern will, für ungültig erklären. Weil nun die beiden Grosskonzerne RWE und Veolia gute Inseratekunden sind, fühlen sich nach Vermutungen des Berliner Wassertisches die Redaktionen ihren GrosskundInnen verpflichtet, was die unabhängige Berichterstattung einschränkt. Und weiter, als Zitat aus einem Interview von umwelt aktuell mit Thomas Rudek, Politikwissenschaftler und ehrenamtlich für den Berliner Wassertisch tätig: Diese Art von Unterstützung [Veolia unterstützt ein Kompetenzzentrum Wasser und einen Nachhaltigkeitskongress] hat dazu geführt, dass in der Zeitschrift des Kongressveranstalters über unser Volksbegehren nicht berichtet wurde. Zensur durch Sponsoring, so viel zum Verantwortungsbewusstsein dieses Konzerns.

Es geht um Geld und Macht – mit Geld Macht kaufen ist in einer Welt, in der sich Menschen als aufgeklärt verstehen und sich in der Nachfolge des Kant’schen Imperativs (behandle andere so, wie Du selbst behandelt werden willst) ethisch und moralisch nicht zu verantworten!