Zu den Bundesratswahlen am 14.12.2011: Wissen macht Menschen mündig

Rudolf Strahm wurde am Dies Academicus der Uni Bern vom 3. Dezember 2011 mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet (Herzliche Gratulation!). Aus einem der Internet-Artikel zu diesem Anlass stammt das Titel-Zitat „Wissen macht Menschen mündig“, als eine der Motivationen für das Wirken von Rudolf Strahm. Und weil Rudolf Strahm regelmässig mehr oder weniger heimlicher Bundesratskandiat war, ist dies ein idealer Einstieg zu Anmerkungen über die Bundesratswahlen am 14.12.2011.

Dr. h.c. Rudolf Strahm hat unter anderem eine grössere Zahl von Büchern geschrieben – wegweisende Bücher, etwa jene über die Entwicklungspolitik der benachteiligten Gebiete dieser Erde, innenpolitisch relevante Werke ebenso (bei denen ich nicht immer mit allen Einschätzungen und Empfehlungen einverstanden bin). Und diese Bücher sind Lektüre, lohnende Lektüre. Auch seine Kolumnen etwa im Tagesanzeiger sind sprachlich genussvoll, und versuchen, komplexe Sachverhalte verständlich darzustellen. Wissen macht Menschen mündig – hier leistet Ehrendoktor Rudolf Strahm wahrlich gute Arbeit.

Politik überschätzt sich – Politik kann nur nachvollziehen, was gesellschaftlich anerkannt ist. Wissen trägt dazu bei, dass politische Entscheide gesellschaftlich anerkannt zu Stande kommen. DenkerInnen und Vermittlerinnen wie Rudolf Strahm haben mit ziemlicher Sicherheit in einer aufgeklärten, daher demokratisch agierenden Gesellschaft eine grössere Bedeutung als Exekutiv- und LegislativpolitikerInnen. Als ein Beispiel: Al Gore dürfte als Stimme und Gesicht von „An Inconvenient Truth“, als Botschafter des Mensch gemachten Klimawandels, die grössere Bedeutung haben als wenn er als amerikanischer Präsident gewählt worden wäre – das Beispiel Barack Obama illustriert dies treffend. Wenn unsere Gesellschaft eine Wissens- und Kommunikationsgesellschaft ist, braucht es Menschen wie Al Gore oder eben Rudolf Strahm, die begnadete VermittlerInnen von Wissen sind – Wissenskommunikatoren!

Nicht erst seit den (realsatirischen) „Weisen Worten“ von Bundesrat Johann Schneider-Ammann in der Comedy Late Service Public-Show Giacobbo/Müller ist klar, dass viele BundesrätInnen weder den Anspruch noch die Fähigkeit zur Wissensgenerierung und -vermittlung haben. Werden Smartspiders der amtierenden BundesrätInnen und der KandidatInnen für die Bundesratswahlen vom 14.12.2011 verglichen, entsteht durchaus der Verdacht, dass es gerade nicht derartige Fähigkeiten sind, die PolitikerInnen zu valablen BundesratskandidatInnen machen. Konkordanz heisst ja auch, dass nicht gewünscht ist, dass im Bundesrat herausragende PolitikerInnen sitzen, sondern flaue windfahnige, konfliktscheue Selbstdarstellerinnen. Dass etwa $VP-Nationalrat Bruno Zuppiger den „Segen“ des alternden Autokraten Blocher braucht, um nur schon die parteiinterne Kandidatur anzumelden und trotzdem offenbar selbst für „Linke“ wählbar ist, ist erschreckende Realsatire. Denn: der Platz des Museumsdirektors der weit zurückdatierten nationalen Sicherheitspolitik ist mit Ueli Maurer bereits besetzt – für das allenfalls durch die immer wahrscheinlich werdende Abwahl von Herrn Schneider-Ammann frei werdende Volkswirtschaftsdepartement braucht es andere Köpfe als den des Lobby-Vertreters des Zürcher Gewerbes, welche sich vor allem durch Innovationsfeindlichkeit und Autofixiertheit auszeichnet.

Rudolf Strahm weist mit seiner Wissensvermittlung darauf hin, dass die Gesellschaft fundamentale Probleme zu lösen hat – die Sitzverteilung im Bundesrat gehört definitiv nicht dazu, und selbst wissensreduzierte $VP-PolitikerInnen haben sich letztlich an die Verfassung und die Volksentscheide zu halten. Im übrigen ist zu den Bundesratswahlen nicht mehr zu sagen, als ich dies bereits in meinem Beitrag Konkordanz oder Regierung? am 31. Oktober 2011 geschrieben habe. Vielleicht noch das: möglicherweise wäre Rösli Zuppiger die bessere Bundesratskandidatin als ihr Mann Bruno Zuppiger!