Autofahren in Zeiten des Klimawandels und der Finanzkrise II

Schon wieder ein Experiment: die absolut unnötige Hardbrücke wird wegen zwar dringenden, aber eigentlich unnötigen Erneuerungsarbeiten kapazitätsreduziert, und zwar in Teilschritten. Kurz nach der Eröffnung der Westumfahrung und der Realisierung der flankierenden Massnahmen schon wieder eine Gelegenheit, sich Gedanken über das Autofahren in Zeiten des Klimawandels und der Finanzkrise zu machen.

Zuerst eine Woche vor Ende der Schulferien, dann zum Schulanfang ein weiterer Schritt. Auch hier wieder: die 400-Zeichen-StammtischklopferInnen sind blitzartig präsent, mit den ewiggleichen Argumenten – schliesslich hat jedeR AutofahrerIn DAS überzeugende Argument, war genau er/sie wirklich nicht auf das Auto verzichten können – obwohl beachtliche Anteile der Bevölkerung Tag für Tag beweisen, dass auofrei bestens funktioniert. Es gibt selbstverständlich Autofahrten, z.b. vom Handwerker ausserhalb der Stadt, welcher in der Stadt etwas zu liefern und montieren hat, sicher auch von Mobilitätsbehinderten – aber dieser Verkehr könnte von der übermässig vorhandenen Strassenkapazität ohne Probleme bewältigt werden. Dreischichtbetrieb, Wochenendbauarbeiten – also Dauerbauerei – werden insbesondere von BaulaiInnen regelmässig verlangt. Zweieinhalb Jahre sollen die Bauarbeiten dauern – 30 Monate. Dreischichtbetrieb und Wochenendarbeiten könnten die Bauarbeiten theoretisch um einen Faktor vier vermindern, praktisch wahrscheinlich nicht ganz (es braucht auch hin und wieder Aushärtzeiten von Dichtungsmassen, Füllstoffen usw), auch sind ziemlich viele Arbeiten witterungsabhängig. Vielleicht könnte die Bauerei auf ein Jahr reduziert werden. Dreischicht- und Wochenendbetrieb bedeutet, dass zum Ausgleich der Nacht- und Wochenendarbeit und zur Berücksichtigung von Ferien mindestens sechs Bauteams zur Verfügung stehen müssen. Nun, wir alle wissen welche Folgen dieser Dauerbetrieb auf die Gesundheit der Arbeitenden hat, wir wissen, wie ärgerlich dies für die Anwohnenden ist – wahrscheinlich dürfte es auch arbeitsmarktlich nicht ganz einfach sein, eine derart grosse Zahl von Bauteams für eine derart intensive Beschäftigung zusammenzubringen – und was dann nach Abschluss der Arbeiten? Im übrigen: ob ein oder zweieinhalb Jahre, das dürfte die Stammtischklopfer nicht wirklich beeindrucken!

Wer die persönliche Energie- und CO2-Bilanz ermittelt, erhält zum Beispiel als Tipp: „Wähle, wenn möglich, einen Wohnort, von dem aus Du Deine täglichen Wege gut zu Fuss oder per Velo bewältigen kannst„. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Unterwegsdauer zwischen Wohn- und Arbeitsort im wesentlichen konstant bleiben, und dies schon seit sehr langer Zeit. Was sich geändert hat, ist die dabei zurückgelegte Distanz – und der mit diesen Wegen verbundene Energiebedarf! Zwar ist der öffentliche Verkehr ökologisch vorteilhafter – täglich zurückgelegte lange Strecken mit dem ÖV, beispielsweise Zürich-Bern, sind allerdings alles andere als nachhaltig. Etwas vereinfacht ausgedrückt: überall dort, wo es Gedränge, Stehplätze, Staus gibt, ist der aktuelle Verkehr nicht nachhaltig! Es ist mir bestens bekannt, dass derzeit kaum alle Menschen, die in Zürich ihrer Erwerbsarbeit nachgehen, auch in Zürich wohnen könnten. Gerade in dem in Zürich dominanten Dienstleistungssektor mit einem hohen Anteil Büroarbeitsplätzen in Kombination mit den heutigen Kommunikationstechniken ist es schlicht nicht mehr nötig, täglich die weite Reise von Wohnort zum Arbeitsplatz zu unternehmen – darum als Vorschlag für einen Versuch: ein Tag pro Woche zu Hause arbeiten, dank ADSL, Computer und weiterer Telekommunikation wirklich kein Problem!