AHV-Revisions-Scherben bringen (vielleicht) Glück!

Das Parlament hat sich einmal mehr nicht auf eine Neuregelung der AHV – als Teil der sozialen Sicherung – einigen können. Zum Glück ist diese Revision gescheitert. Dies bietet die Chance, das gesamte System der sozialen Sicherung zu überarbeiten und eine Lösung zu realisieren, die den Ansprüchen der Nachhaltigkeit genügt. Der erfolgsversprechende Lösungsansatz: bedingungsloses Grundeinkommen für alle!

Die 11. AHV-Revision beschäftigte sich mit einem Teilelement der sozialen Sicherung, einer der „Säulen“ des Mythos Drei-Säulen-Prinzip. Da sämtliche drei Säulen im wesentlichen auf dem Erwerbseinkommen aufbauen, handelt es sich bei diesem System in Wirklichkeit um einen ziemlich unkomfortablen Einbeinstuhl – auch als Melkhocker bezeichnet. Verbunden mit dem weiteren Mythos „Vollbeschäftigung“, welcher verbunden ist mit „Recht auf Arbeit“, kommt es zur absurden Situation, dass sich etwa Gewerkschaften für Arbeitsplätze in der Flugverkehrsindustrie einsetzen, obwohl diese Branche in keiner Art und Weise als nachhaltig bezeichnet werden kann. Wie nicht nur die vielen Skandale um Pensionskassen zeigen, ist auch dieser Teilbeitrag zum Einbein-Melkhocker „Altersvorsorge“ dringend revisionsbedürftig – die angesparten Mittel mit einem grösseren Volumen als das BIP sind letztlich volkswirtschaftlich schädlich.

Bedingungsloses Grundeinkommen für alle – die ökonomische Existenz „von der Wiege bis zur Bahre“ soll gesichert sein. Selbstverständlich braucht es eine intensive gesellschaftspolitische Auseinandersetzung, was genau dieses bedingungslose Grundeinkommen (z.B. wie viel Wohnfläche pro Person, wie viele Unterwegs-Kilometer mit ÖV und/oder Auto, welche Art von Lebensmitteln, welche Ausbildung, welche Gesundheitsvorsorge, …) abdecken soll, was in Geld und was in Naturalien „ausbezahlt“ werden soll.

Als erste spontane Reaktion ist häufig zu hören: das fördert die Faulheit! Derartige Aussagen verkennen die menschliche Natur: der Mensch ist ein aus Prinzip tätiges Wesen – Erholung gehört dazu, nicht aber konsequente Faulheit! Bequemlichkeit und Lustprinzip auch bei der Arbeit haben demgegenüber eine grundsätzliche Berechtigung. Und es gibt eine Vielzahl gesellschaftlich notwendiger Aufgaben respektive Arbeiten, die nicht oder nur gering entschädigt sind.

Als nächstes kommt der Einwand, dass es gewisse Arbeiten gibt, die erledigt werden müssen – etwa die Kehrichtabfuhr. Dies hat eine gewisse Berechtigung, allerdings ausgerechnet für die Kehrichtabfuhr nicht. Denn das heutige System ist definitiv nicht nachhaltig – es braucht einen Materialfluss „von der Wiege zur Wiege – from cradle to cradle“. Der massiv übermässige ökologische Fussabdruck ist als „Teufelskreis“ verbunden mit dem Erwerbseinkommen – der zukünftige Lebensstil wird sich zwingend ausrichten müssen an LOVOSLifestyle of voluntary simplicity.

Auch wird die nachhaltige, das heisst dauerhafte Finanzierung eines solchen Systems in Frage gestellt. Fakt ist: das aktuelle System der sozialen Sicherung, insbesondere der Altersvorsorge, ist alles andere als nachhaltig. Warum denn sonst wäre man nach relativ kurzer Laufzeit des Systems bei der unterdessen 12. Revision angekommen? Klar ist: die Finanzierung der sozialen Sicherung im wesentlichen über das Erwerbseinkommen ist nicht zielführend. Abzüge vom Erwerbseinkommen können einen Teilbeitrag an die soziale Sicherung leisten. Es braucht weitere Quellen – die Ressourcenbesteuerung und Abgaben auf Devisentransaktionen sind mögliche Ansätze. Zentral ist: es braucht ein echtes Mehrsäulenprinzip, es wird immer auch wieder Anpassungen brauchen – wenn etwa „von Wiege zur Wiege“ funkioniert, werden Ressourcensteuern nicht mehr den gleichen Anteil zur Gewährleistung des bedingungslosen Grundeinkommens für alle erbringen können wie im gegenwärtigen Ressourcen-Einbahn-System (welches aber auf Grund des immer stärker erkennbaren Peak everything so oder Veränderungen erfordert).

Darum die Aufforderung an die Schweizerischen PolitikerInnen, an Bundesrat Didier Burkhalter: packen Sie die Chance der Neugestaltung der sozialen Sicherung, entwickeln Sie ein System des bedingungslosen Grundeinkommens für alle. Dann werden die Scherben des Nationalrats-Neins vom 1. Oktober 2010 zu Glücksbringern für eine nachhaltige Zukunft – auch der sozialen Sicherung!