Was ist ein richtiger Lohn? Zum Beispiel für staatskirchenrechtliche Exekutiven …

Ich halte vorerst fest, dass ich ein bedingungsloser Anhänger des bedingungslosen Grundeinkommens für alle bin. Zum Fan des bedingungslosen Grundeinkommens für alle bin ich geworden, weil ich all die Scheinheiligkeiten und Dummschwätzereien über Gotteslohn, Freiwilligen-Arbeit, Bonus, Vorrechte für den Typus neuer Blocher-Geldadel nicht mehr hören mag – darum braucht es eben das bedingungslose Grundeinkommen für alle. Bis dann aber braucht es halt noch ein paar Blogbeiträge zu all den Scheinheiligen und Dummschwätzern, die von Gotteslohn, Freiwilligen-Arbeit und so weiter schwafeln …

Die Autoanzeiger- (früher Tagesanzeiger)-Schlagzeile „Zürcher Kirchenfunktionäre verdienen Spitzenlöhne“ vom 10.4.2012 war für diese Scheinheiligen und Dummschwätzer einmal mehr ein willkommener Anlass, ihrem Hobby zu frönen – gut eingebettet in eine Autoanzeiger-Propaganda zum Schönschwatzen von Sozialdumping.

Um was geht es? Der Autoanzeiger hat einige Zeit gebraucht, um herauszufinden, dass das neue kantonale Kirchengesetz in Kraft getreten ist. Dies hat auch den Status der staatskirchenrechtlichen Institutionen im Kanton Zürich verändert. Bei der römisch-katholischen Körperschaft ist aus der früheren Zentralkommission der Synodalrat geworden – definitiv eine staatskirchenrechtliche Exekutive. Es gehört zu einer Demokratie, dass Exekutiven gut bezahlt sind – es gehört zu den Gepflogenheiten, dass den Exekutiven die höchsten vorgesehenen Ansätze zustehen. Schliesslich richten sich alle nachgeordneten Funktionen der Körperschaft nach dem obersten Punkt der Besoldungsskala aus. So ist es auch in der römisch-katholischen Körperschaft des Kantons Zürich – das Parlament (die Synode, der ich seit 2007 angehöre) hat dem „Neuerlass eines Reglementes über die Entschädigung der Mitglieder von Synode, Synodalrat und Rekurskommission der Römisch-katholischen Körperschaft des Kantons Zürich“ am 1. Oktober 2009 zugestimmt, und zwar mit 56 Ja, 11 Nein und 2 Enthaltungen!

Ich habe damals diesem Antrag – als Mitglied der vorberatenden Kommission – zugestimmt, und ich finde diese Zustimmung immer noch richtig. Ich bin bloss etwas verwundert, dass die JournalistInnen des Autoanzeigers sich nicht beim zuständigen Gremium, der Legislative der Körperschaft, also der Synode, nach den Hintergründen des Entscheids erkundigen.

Solange wir kein bedingungsloses Grundeinkommen für alle haben, gilt das System der Konkurrenzmarktwirtschaft. Auch wenn mir dies nicht entspricht, muss ich doch festhalten, dass die finanziellen Möglichkeiten einer Person – unter anderem bestimmt durch den Lohn – Rück- und Auswirkungen auf das gesellschaftliche Ansehen einer Personen haben. „Gotteslohn“ ist durchaus ein möglicher Ansatz – wenn mensch sich das leisten kann! Eine gendergerechte Struktur verlangt nach existenzsichernden Löhnen auch für Arbeitsleistungen zu Gunsten so genannter Herzensanliegen. Freiwilligenarbeit passt nicht mehr in eine moderne Gesellschaft – Arbeit ist zu entschädigen, und Menschen sind in die Lage zu versetzten, von ihrer Arbeit leben zu können – und nach Lust und Laune ihre Herzensanliegen auch finanziell unterstützen zu können. „Freiwilligen“-Arbeit ist dann nicht mehr „nichtswertige“ Gratisarbeit, sondern aus persönlichen Motiven freiwillig finanzierte Arbeitsleistung mit existenzsichernden Löhnen. Die ausbezahlten Löhne sind der eine Aspekt: es ist unzulässig, darüber zu schwatzen, ohne dazu auch die Ausgabenseite – mit oder ohne freiwillige Spenden für andere Projekte – zu kennen (im Wissen darum, dass das Spendenverhalten definitiv unter Datenschutzaspekten zu beurteilen ist).

Auf den ersten Blick mag es befremden, dass Synodalräte, also Exekutivmitglieder der römisch-katholischen Körperschaft des Kantons Zürich, zusammen mit anderen Jobs auch Arbeitspensen über 100 % erreichen. Aber eben, nur auf den ersten Blick bleibt das Befremden – Workaholics gibt es schliesslich in allen Arbeitsbereichen! Eine über 100 % hinausgehende Entschädigung ist also letztlich eine ehrliche Sache – auf jeden Fall ehrlicher als die Modelle der Teilzeitarbeit, welche zwar eine reduzierte Arbeitszeit entlöhnen, aber trotzdem mit einem darüber hinausgehenden Arbeitspensum rechnen. Auch wenn es unehrlich ist, ist es rein der Form halber sicher angemessen, die maximalen Bezüge entsprechend einem Hundertprozentpensum zu begrenzen.

Ich bleibe dabei: Freiwilligenarbeit ist und bleibt verlogen, freiwillige oder ideel eingeforderte Lohnverzichte sind in einer Konkurrenzwirtschaft absurder Unsinn. Auch wenn dies noch so viele Scheinheilige und Dummschwätzer wiederholen, ist ein egalitäres Lohnsystem mit einem Scheinbezug zur Demokratie unvorstellbar – ausser in einem System mit einem bedingungslosen Grundeinkommen für alle!