Sackgasse Kommerzsport

Sprachlos staune ich als Nicht-Massensport-Anhänger über die Masslosigkeit und Unverfrorenheit der GC-Funktionäre angesichts der zentralen Frage des Stadions. Als ein kleines Beispiel: wenn für die „Zürcher“ Fussballclubs GC und FCZ schon ein Stadion – das Letzigrund-Stadion – zu teuer ist, warum verlangt dann GC ein zweites Stadion? Objektiverweise sind doch zwei Stadien definitiv teurer als nur ein Stadion, und so weiter und so fort. Die einzig vernünftige Position nimmt der Zürcher Stadtrat ein: öffentliche Leistungen kann und darf es für den Kommerzfussball nicht zu Dumpingpreisen geben.

Ich gebe vorerst ehrlich zu, dass ich aus dem Geschichtsunterricht eine tiefe, tiefe Abneigung gegen „Brot und Spiele“ mitbringe – (Passiv-)Sport-Anlässen mit mehr oder weniger grossen Zuschauerzahlen sind für mich weder gesellschafts- noch sportpolitisch sinnvoll.

Auch wenn der Weltfussballverband seinen Sitz in Zürich hat, werde ich den Verdacht nicht los, dass illegale Machenschaften im Fussball – von Schwarzgeldverschiebereien bis zu Spielmanipulationen – nicht wirklich ausgeschlossen werden können (blosser Zufall ist, dass gerade heute der Korruptionsverdacht gegen Volkswagen und die Deutsche Telekom im Zusammenhang mit dem VfL Wolfsburg bekannt wurde). Spätestens an der Euro08 mit Spielen auch in Zürich habe ich den Eindruck erhalten, dass das Um-Das-Fussball-Rundherum ziemlich absurd ist: da wurden Freiwillige gesucht für diverse Jobs, während sowohl der organisierende europäische Verband als auch die Fussballer riesige Geldbeträge „ernteten“ …

Es ist für mich völlig unverständlich, dass ein Fussballclub der AXPO Super League (eigenartig, dass einmal mehr ein Atomstrom-Konzern selbst im Sport manipulativ wirken darf), dessen Akteure dauernd als wandelnde Werbesäulen unterwegs sind, überhaupt in finanzielle Schwierigkeiten kommen kann. Da müssen sich eine ganze Reihe von Leuten in erheblichem Umfang bereichert haben. Mag sein, dass dies nicht die aktuellen Verantwortlichen sind, aber hier besteht erheblicher Erklärungsbedarf. Dazu passt auch der weinerliche, geradezu nötigende Ton der GC-Verlautbarungen. Ganz banal: wer die Folgen von offensichtlichen Fehlentscheiden früherer Clubverantwortlicher im Kommerzsportbereich beheben möchte, inklusive , hat einen erheblichen Beitrag für die Wiedererlangung des öffentlichen Goodwills zu leisten. Nochmals, es ist eine grobe Unverfrorenheit, welche ultimativen Forderungen GC derzeit stellt – auf dem Spielfeld würde dies zur roten Karte mit nachfolgenden mehrfachen Spielsperren führen. In dieser Situation ist die klare Haltung des Stadtrates die einzig zielführende Möglichkeit.

Es gibt sicher eine – im übrigen massiv überschätzte – Wirkung des Kommerzsport auf den Breitensport. Allerdings lassen diverse Ereignisse gerade auch um den Fussball daran zweifeln, dass der Kommerzsport in der heutigen Form als nachhaltig gelten kann. Die rieisigen Gagen der Fussballstars, aber auch die Gagen jener, die als talentierte „Normalos“ zu bezeichnen sind (aktuelles Beispiel etwa Trainer Lucien Favre beim aktuellen Bundesligaschlusslicht Gladbach – es wird von einem Jahreslohn von einer Million Euro geschrieben), weisen auf einen alles andere als rationalen Umgang mit Geld hin.

Was ist zu tun? Die GC-Verantwortlichen sollten die Sportferien-Zeit (Ferien vor dem Sport 🙂 für die Beruhigung des Pulses nutzen. Statt irgendwelche ungeeignete Stadien ins Auge zu fassen, empfiehlt sich eine Spendenaktion, um die Mietkosten aufzubringen. Bei SVP, FDP, CVP, EVP und GLP hat es noch einige unterbeschäftigte GemeinderätInnen – statt unsinnige Spardebatten anzuzetteln, könnten diese besser GC behilflich sein, die erforderlichen Finanzmittel für die mehr als angemessene Stadionmiete und die Sicherheitskosten zusammenzubringen. Es kann und darf nicht Aufgabe des Staates sein, erhebliche Leistungen für das Funktionieren des Kommerzsportes zu erbringen.

Dringend ist auch der Verzicht auf die Forderung nach einem zweiten Fussballstadion in Zürich – ein solches senkt die Kosten nicht etwa, sondern treibt sie massiv in die Höhe.

Längerfristig: Entkommerzialisierung des Sports – Rückkehr zu Sport als Hobby, als Freitzeitbeschäftigung! Und falls es tatsächlich Fussballprofis geben sollte, die nicht anders als Fussball können, dafür dies mit Können: ein Argument mehr für das bedingungslose Grundeinkommen für alle!