Kultur gegen Lügen

Dass die SVP das Mittel der Lüge seit Jahren – zusammen mit sehr viel Geld – zur Manipulation der Stimmberechtigten einsetzt, ist eine altbekannte Tatsache. Und es funktioniert sogar teilweise: Stimmberechtigte sind hie und da käuflich. Nun, in einer Marktwirtschaft gehört offenbar auch das Marketing zur Politik. Bei ihrem eigenartigen Plakat zur Stadtzürcher Abstimmung zum Kunst- und Architekturprojekt Nagelhaus am Escher-Wyss-Platz mit Gastronomiebetrieb, Kiosk und öffentlicher WC-Anlage demonstriert die SVP einmal mehr ihre Stil- und Kulturlosigkeit.

Wenn bei einem Projekt der öffentlichen Hand im Kostenpunkt von 5.9 Mio Franken auf die öffentliche WC-Anlage ein Betrag von 460’000 Franken oder etwas weniger als acht Prozent auf die öffentliche WC-Anlage entfällt, so sieht dies auf den ersten Blick nach viel Geld aus. Nur: eine solche öffentliche WC-Anlage ist deutlich aufwändiger als das WC in den eigenen vier Wänden. Vandalensicherheit ist eine zentrale Anforderung, die Anlagen müssen pflegeleicht sein, leicht reinigbar. Es ist leider so: gerade bei öffentlichen WC-Anlagen vergessen viele Menschen ein Mindestmass an Anstand, ein Mindestmass an Rücksichtnahme auf andere. Die Nutzungsintensität an einem belebten Platz mitten in der neuen Ausgehmeile Kreis 5 erfordert aufwändige und stabile Konstruktionen. Man kann sich selbstverständlich fragen, ob öffentliche WC-Anlagen überhaupt noch erforderlich sind. Im Zürcher Gemeinderat ist es allerdings regelmässig die SVP, die zusätzliche neue öffentliche WC-Anlagen verlangt! Dass sie häufig, dafür billig sein sollen, entspricht einmal mehr der typischen SVP-Zechpreller-Mentalität. Wer wie die Stadtzürcher SVP zum Stadtgestaltungsprojekt Nagelhaus am Escher-Wyss-Platz das Nein mit der teuren öffentlichen WC-Anlage begründet, irrt sich um einen Faktor 13. Klartext: hier lügt die SVP einmal mehr! Dass sie dazu ein vulgäres Dialektwort braucht, ist ein Beleg mehr für die Stil- und Kulturlosigkeit der SVP. Dass der Auto-Anzeiger (früher Tages-Anzeiger) dieses Wort fünf Mal genüsslich und ohne Not in einem eher kurzen Artikel verwendet, illustriert treffend, dass sich diese Zeitung von der SVP instrumentalisieren lässt, und der SVP sogar den wertvollen redaktionellen Raum für Propaganda-Zwecke – ein Bild des gestalterisch wie immer dürftigen Abstimmungsplakates – überlässt.

50 % der Kosten für das Abstimmungsprojekt entfallen auf die Platzgestaltung und die Kultur, weitere 42 % werden für die Gastronomie-Einrichtungen und den Kiosk gebraucht. Allerdings ist die SVP dermassen verlogen, dass sie in der Oeffentlichkeit nicht dazu stehen mag, dass sie gegenüber Kultur, welcher ihren Vorstellungen nicht entspricht, keinerlei Toleranz zeigt, dass sie nicht anerkennt, dass ein öffentlicher Platz, und stehe er mitten in einer vom Autoverkehr stark geprägten Gegend, einen Teil zur Lebensqualität eines Stadtquartiers beitragen kann. Dass sich die FDP dieser absurden, intoleranten und vulgären Argumentation anschliesst, ist nicht gerade ein positiver Hinweis auf eine konstruktive Haltung einer Partei, die sich anschickt, ihre massive Übervertretung im Bundesrat zu verteidigen.

Als klarer Hinweis auf den Argumentationsnotstand der SVP: in der Abstimmungszeitung verlangt die SVP angesichts der aktuellen Finanzlage der öffentlichen Hand ein billigeres Projekt – und dies, obwohl längst bekannt ist, dass Sparen bei den Bauinvestitionen letztlich zu höheren Betriebskosten und einer kürzeren Nutzungsdauer führt!

Die Situation ist klar: gegen Abstimmungslügen und dürftige Argumentationskonstrukte gibts nur einen Beitrag zur Politik-Kultur: Ja am 26. September 2010 zum „Projekt Nagelhaus, Kunst und Architektur, Gastronomiebetrieb, Kiosk und ZüriWC-Anlage“ auf dem Escher-Wyss-Platz.