Widerspruch, Herr Blocher: Ihre „Eigenverantwortung“ ist Zechprellerei

Herr Blocher verlangt, dass sich der Staat zurücknimmt, um die Eigenverantwortung zu
fördern. Wenn Herr Blocher dann fortfährt, wird ersichtlich, dass seine „Eigenverantwortung“
nichts anderes als Zechprellerei ist.

Drei Bundesämter haben im November 2003 eine Medienmitteilung zum Nachhaltigkeitsmonitoring
MONET veröffentlicht, mit der zentralen Aussage
„Statt von den Zinsen zu leben, zehrt die Schweiz vom Kapital zukünftiger Generationen
und anderer Länder“.

Zu Selbstverantwortung gehört zwingend das Tragen sämtlicher mit dem eigenen Handeln
verbundenen Konsequenzen. Gemäss MONET trifft dies derzeit nachweislich nicht zu. Mit
anderen Worten: die Schweiz lebt aus ökologischer Sicht im Mittel auf zu grossem Fuss
(Details dazu siehe z.B. www.footprint.ch)!
Eine übermässige Beanspruchung der Welt, die um Faktoren über dem liegt,
was für die Welt verträglich wäre. Und das ist nichts anderes als Zechprellerei.

Etwas konkreter:
Der Ausstoss des Treibhausgases muss so rasch als möglich um etwa den Faktor 5 vermindert
werden. Derzeit nimmt der CO2-Ausstoss beispielsweise aus dem Verkehr zu – die Effizienzsteigerung
im Fahrzeugbau wird durch die Verkehrszunahme überkompensiert!

Das durchschnittliche Auto in der Schweiz fährt im Jahr gegen 13’000 km und braucht etwa
8 Liter Treibstoff auf 100 km. Dadurch wird viel zu viel CO2 ausgestossen. Die Fahrzeugbenutzung
untersteht in diesem Land der sogenannten Eigenverantwortung.
Welches sind die derzeitigen
Konsequenzen aus dem aus Klimaschutz-Sicht unverantwortlichen Handeln? Schlicht und einfach, es
gibt keine! Welches sind die Konsequenzen für AutomobilistInnen, die mit Autos fahren, die
15, 20 und noch mehr Liter Benzin oder Diesel auf 100 km brauchen, also nochmals um Faktoren
über dem, was klima-verträglich wäre? Schlicht und einfach, es gibt keine Konsequenzen!

Wer in derartigen Situationen von Eigenverantwortung spricht, fordert die Weitererhaltung und
Förderung der Zechprellerei.

Und wer, wie der Bundesrat und viele andere, in der hoffnungslos überentwickelten Schweiz
noch mehr Wirtschaftswachstum fordert, handelt mit Sicherheit nicht eigenverantwortlich.

Damit Eigenverantwortung wirklich funktioniert, braucht es einen geschlossenen Regelkreis von
Handeln und Wahrnehmen der Auswirkungen des individuellen Handelns.

Ein erster Ansatz zur Förderung der Eigenverantwortung wäre beispielsweise
die CO2-Abgabe. Hier geht es vor allem um die selbstverantwortungsfördernde Wirkung dieses
Instrumentes (im Wissen darum, dass SVP-ExponentInnen entgegen jeglicher Tatsachen behaupten, es
handle sich dabei um eine Steuer).

Die zentrale Funktion dieser Abgabe ist die Schaffung von Transparenz, als erste Stufe zur
Wahrnehmung von Eigenverantwortung: wer nicht oder wenig mit einem sparsamen Auto fährt,
hat netto Ende Jahr mehr im Portemonnaie als jemand, der viel und mit einem grossen Auto fährt!
Alle bezahlen pro Liter Benzin die gleiche CO2-Abgabe. Weil der Ertragdieser Abgabe gleichmässig
an die Bevölkerung und an die Wirtschaft zurückverteilt wird, erhalten jene mit tiefem
Verbrauch mehr, jene mit hohem Verbrauch weniger aus dem Abgabetopf, als sie einbezahlt haben.
Die CO2-Abgabe fördert somit eigenverantwortliches Handeln.

Wer sich gegen diese Abgabe stellt, plädiert weiterhin für Zechprellerei und
gegen Eigenverantwortung.

Im übrigen: wenn der Bundesrat so rasch als möglich entscheidet und endlich
den entsprechenden Antrag ans Parlament stellt, kann diese eigenverantwortungsfördernde
Abgabe auf Anfang 2005 eingeführt werden! Den schönen Worten über Eigenverantwortung
müssen Taten folgen – beispielsweise ein bundesrätliches Ja zur CO2-Abgabe!