Ausufernde Budgetdebatten: Politik lernt extrem langsam

Bald kommt wieder die Zeit der Budgetdebatten in den Parlamenten von Kantonen und Gemeinden. Es hat sich die Gewohnheit eingeschlichen, dass sich die Parlamente mikromanagementmässig in endlosen Debatten mit mehreren hundert Anträgen beschaffen. Die den Parlamenten eigentlich zukommende Budgethoheit verlangt stattdessen eine Gesamtsicht über die staatlichen Finanzen mit Blick auf die nach Verfassung vorgegeben Aufgaben. Für Details in der Budgetierung sind Exekutive und Verwaltung zuständig.

Hoffentlich gerade noch rechtzeitig bezeichnet der FDP-Politiker Rolf Walther solche Debatten als Unsinn. Er soll diese Debattenform vor rund 20 Jahren «erfunden» haben – ein erschreckend langer Lernprozess. Denn klar ist nach wie vor: Die Finanzen sind ein «dienendes» Instrument, um dem Staat die Aufgabenerfüllung zu ermöglichen. Den Legislativen/Parlamenten kommt es dabei zu, die Rahmenbedingungen zu schaffen und regelmässig zu überprüfen, wie es um die Zielerfüllung steht; das entspricht dem aktuellen Verständnis von Budgethoheit. Eigenartigerweise erfolgt dies jedoch nicht – einzig relevantes Staatsziel scheinen möglichst tiefe Steuerfüsse zu sein.

Zu beachten ist auch, dass das Budget nur einen groben Orientierungsrahmen darstellt. Denn: Die Budgetplanung erfolgt mindestens ein Jahr vor der realen Aufgabenerfüllung – das «Was» ist durch die gesetzlichen, von den Parlamenten und allenfalls den Stimmberechtigten beschlossenen Aufträgen vorgegeben – beim «Wie» brauchen Exekutive/Verwaltung einen gewissen Spielraum, um den Verbesserungsprozess wirken zu lassen.

zwei exemplarische Beispiele für mögliche negativen Folgen des parlamentarischen Budget-Mikromanagements:

  • Am Uetliberg ist es aufgrund der gemeinderätlichen Budgetvorgaben nicht möglich, die Naherholungsqualität durch präventiven Wegunterhalt sicherzustellen. Massnahmen sind erst dann möglich, wenn die Schäden offensichtlich sind – was aber zu deutlich höheren Unterhaltskosten führt.
  • Geradezu lächerlich ist das Beispiel der versprayten Kunstwerke: Hier wurden durch den Gemeinderat vorsorglich eingestellte Budgetmittel für allfälligen Unterhalt der Kunstwerke auf öffentlichem Grund gestrichen. Rund zwölf Kunstwerke sind so stark versprayt, dass wegen Reklamationen und Nachahmungsgefahr eine Reinigung unumgänglich war – zwei private Schenker haben dies der Stadt Zürich ermöglicht. Es ist dabei allerdings offensichtlich, dass die Aktivitäten der Stadt nicht von der nicht immer altruistisch geprägten Spendefreudigkeit Privater oder von Unternehmen abhängig sein können und dürfen – auch für derartige Zwecke erhebt nämlich das Gemeinwesen Steuern (was ich nicht als Aufruf verstehe, Kunstwerke zm Beispiel mit Sprayereien zu verunstalten).

Beim Klimaschutz liegen zwanzig Jahre Lernprozess schlicht nicht drin. Das, was nötig ist, wenn wir wirklich Klimaschutz realisieren wollen, braucht beispielsweise konkrete Vorschriften wie das Verbot von Öl- und Gasheizungen.

Und bei der Atomenergie sollte der politische Lernprozess längst abgeschlossen sein – darum am 27. November 2016 Ja zur Volksinitiative «Für den geordneten Ausstieg aus der Atomenergie (Atomausstiegsinitiative)»!


Hier der Link zu einem Artikel von umweltnetz.ch Zürcher Zechprelleritis aus dem Jahr 2010.