Auch farbige Autos stören

Zwei Meldungen vom 27. Februar 2006:

Der Internet-Vergleichsdienst comparis hat den Wert von Carroserie-Farben bei Occassionsautos ermittelt. Silberne oder schwarze Carroserien haben fast zwanzig Prozent mehr Wert als bordeaux-rote. Autofahren ist also eine Mode, denn diese Farbpräferenzen verändern sich von Zeit zu Zeit. – Was einmal mehr beweist: Autos sind nicht nur Fahrzeuge, sondern haben hohe emotionale Werte. Als Verkehrsmittel eignen sich solche Gefährte somit nicht, sondern es sind in den meisten Fällen reine Prestige- und Modeobjekte. Denn: Wären Autos Verkehrsmittel, gäbe es nur eine Form und nur eine Farbe, und sowohl Form als auch Farbe würden ausschliesslich nach Sicherheitsüberlegungen festgelegt.

Die Farben von Autos mögen noch so modisch sein, dies ändert nichts daran, dass Autos extrem störend sind. Ein Beleg dafür: die Notwendigkeit, die Autobahn durch Zürich Schwamendingen einzupacken! Der Kantonsrat des eidgenössischen Standes Zürich hat am 27. Februar 2006 entschieden, einmal mehr akustische und optische Symptombekämpfung durchzuführen – wie wenn der Verkehr weniger stören würde, wenn er an einem Ort „aus den Augen und aus den Ohren“ ist! Denn: all die Autos, die in Schwamendingen für zu viel Lärm und Gestank sorgen, lärmen und stinken auch anderswo – und der CO2-Ausstoss wird überhaupt nicht verändert!

Da behauptet der Bund immer wieder, die Strassenrechnung schliesse positiv ab (hier mehr dazu). Und trotzdem ist der Bund nicht in der Lage, die Kosten dieser Schwamendinger Einhausung (welch missbräuchliche Verwendung des Begriffes „Haus“!) aus für den Strassenverkehr bestimmten Geldern zu finanzieren. Und braucht dazu einen Murks-Kniff: weil selbst zehn bis zwölf Meter hohe Schallschutzwände (wohl eher Schallschutzstaumauern) nicht in der Lage wären, die Lärm-Symptombekämpfung in Schwamendingen anwohnerInnengerecht zu bewältigen, zahlt er trotzdem nur den Betrag dieser „unmöglichen“, „gar nicht ausführungstauglichen“ Schallschutzwände an das für die AnwohnerInnen dringlich nötige Lärmschutz- und Kaschierungs-Bauwerk. Weil der Strasseninhaber Bund nur 55 Prozent der Kosten bezahlt, müssen auch Kanton und Stadt Geld beisteuern. Der Kanton hat dafür als „Geldquelle“ immerhin den Strassenfonds. Es wird spannend sein, wieviel Steuermittel die Stadt Zürich zur Finanzierung des städtischen Anteils von 40 Millionen Franken für dieses lärmdichte Bauwerk wird beisteuern müssen.

Zur Verdeutlichung: Im Interesse der Menschen in Schwamendingen ist das Lärmschutzbauwerk dringlich erforderlich. Aber: der Verkehr stört nicht nur in Schwamendingen. Schwamendingen ist überall! Fast zwei Prozent nimmt der Strassenverkehr jährlich zu, und – egal ob mit silbrigen oder bordeaux-roten Autos – die übermässige Störung von immer mehr Menschen wird immer noch grösser. Lärm und Gestank lassen sich durch derartige Bauwerke zwar abdichten und abdämmen – das Problem ist aber nicht gelöst. Das Klima der Erde, die Qualität unserer Atemluft als weitere Bereiche mit übermässigen Einwirkungen des motorisierten Strassenverkehrs verlangen dringend nach einer deutlichen Verminderung des Strassenverkehrs. Und das ist die politische Aufgabe, unabhängig von den gerade modischen Carroserie-Farbtönen.