2.-August-Echo: keine fremden Richter

Das ewiggestrige SVP-Trio Blocher, Maurer und Brunner hat die Auftritte am 1. August 2009 einmal mehr zu Propagandazwecke für ihre nationalistischen Zechpreller-Ansichten missbraucht. Weil Herr Blocher auf das zwar symbolische, aber unbedeutende Datum 1. August 1291 Bezug genommen hat („Wehret den Anfängen 719 Jahre danach“), lohnt es sich, tatsächlich ein bisschen rückwärts zu schauen. „Keine fremden Richter“ war etwa eine der zentralen Forderungen. Was heisst das genau?

Zuerst: es braucht Richter und Richterinnen! Es braucht also neben Legislative und Exekutive eine dritte Gewalt im Staat – und diese hat die Schiedsaufgabe, um im Konfliktfall zwischen Einzelpersonen, aber auch zwischen Staat und Privaten eine Lösung zu finden, die allen gerecht wird. Fremde Richter waren es früher, und die hatten in erster Linie die Interessen der Machthabenden im Sinn. Vor 719 Jahren, das war noch „finsteres“ Mittelalter, war geprägt von der Willkür absolutistischer Monarchen – und wahrscheinlich noch viel mehr vom absolutistischen Vertreter vor Ort, all die Grafen und Vögte und Meier und so weiter…

Irgendwann gab es unter anderem die Epoche der Aufklärung (die am SVP-Trio offensichtlich vorbeigegangen ist), es gab die französische Revolution mit den Grundprinzipien Egalité, Fraternité, Liberté. Und auch dies wird von der SVP ignoriert, wie auch die Tatsache, dass die Menschheit wahrscheinlich am Abschwung einer Epoche, der Moderne, steht, also in der Postmoderne. Jetzt sind es also nicht mehr absolutistische Monarchen, sondern souveräne, autonome, mehrheitlich demokratisch geprägte Staaten, die wesentliche Beiträge zur gesellschaftlichen Entwicklung leisten. Und insbesondere: diese haben alle ihre eigenen Richter. Wenn nun Herr Blocher zum Widerstand gegen diese Staaten aufruft, so stellt er schlicht und einfach die Souveränität und Autonomie dieser Staaten in Frage. Es liegt in der demokratischen Entscheidungsfreiheit dieser Staaten, welche Aufgaben der Staat zu erfüllen hat – unter anderem: der Staat hat die Steuerhoheit. Er bestimmt, wie viel die einzelnen zugunsten der Allgemeinheit beizutragen haben. Wenn nun Staaten verlangen, dass ihre Einwohnenden sich nach ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit am finanziellen Bedarf der Allgemeinheit beteiligen, so liegt es auch in der Veranwortung der einzelnen Staaten, diesen Grundsatz umzusetzen.

Auch nach dem Schweizerischen Strafgesetzbuch ist es strafbar, anderen dabei zu helfen, finanziellen Profit aus strafbarem Verhalten zu ziehen – wer andern hilft, das Vermögen vor den Steuerbehörden des Wohnortsstaates zu verstecken, begeht schlicht Hehlerei. Oder anders: dies stellt einen krassen Missbrauch des Bankgeheimnisses dar – die eigenen RichterInnen haben dies mehrfach festgehalten. Und nochmals anders: wer behauptet, der eigene Wohlstand beruhe darauf, anderen bei kriminellen Handlungen zu helfen, betreibt neben Hehlerei auch Zechprellerei in erheblichem Umfang. Und dafür verlangt Herr Blocher noch den Respekt anderer Staaten?

Auch diese Frage muss erlaubt sein: wenn es denn den Schweizerischen Gründungstag 1. August 1291 tatsächlich gegeben hat, wo wären dann Blocher, Maurer, Brunner und Co gewesen – eher auf der legendenbelasteten Rütliwiese oder halt doch auf Gesslers Burg? Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die SVP-VertreterInnen eher der eigenen Gier hofiert als sich für das Gemeinwohl eingesetzt haben. Eines ist sicher: damals auf dem Rütli standen die Veränderungswilligen, jene, die das Schicksal in die eigenen Hände nehmen wollten, und nicht die Zechpreller und Hehler…