Zucker und Freiheit?

Zu süss, zu fett, zu salzig – so lautet die wissenschaftliche Beurteilung der mittleren Ernährungsgewohnheiten z.B. in der Schweiz. Auch mit weniger Zucker, Fett und Salz lässt sich sehr wohl angenehm leben. Viele BewohnerInnen dieses Landes berücksichtigen die Empfehlungen für weniger süsse, weniger fette, weniger salzige Ernährung freiwillig und eigenverantwortlich. Dagegen wehrt sich die SVP – ob dies wohl damit zu tun hat, dass etwa im Kanton Schwyz die ausschliesslich männlichen Kandidaten für National- und Ständerat selbst auf Restaurant-Zuckersäckli werben?

Auch in der Schweizerischen Nahrungsmittelindustrie gibt es zahlreiche kluge Köpfe, die ihren freiwilligen Beitrag leisten wollen, damit die Schweizerinnen und Schweizer sich möglich gesund ernähren können. An der EXPO in Mailand haben mehrere Unternehmen freiwillig mit dem Bundesrat vereinbart, die Rezepturen von Joghurt und Frühstückscerealien zu überprüfen und gemeinsam mit dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) Zielwerte zur Reduktion von Zucker zu erarbeiten. (Zitat aus einer Medienmitteilung des Bundesrates vom 4. August 2015)

In einem fünfzeiligen Statement dazu hat die SVP ziemlich viele typischen Standardfloskeln, welche für Ignoranz und Unwissenheit stehen, zusammengetragen: staatliche Umerziehung, Behördenkampf, als ob unser Land nicht wichtigere Probleme hätte, in rigider Manier umerziehen, von oben herab verordnete Gängelei mündiger Bürger, immer mehr Regulierungen, moralisierende Vorgaben …

Falls die SVP überhaupt denk- und lernfähig ist: Wie sieht es denn aus mit der Gängelei jener, die bereits eigenverantwortlich weniger Zucker konsumieren wollen? Ein Fruchtjoghurt ist sogar in der Mischung halb ungesüsstes Natureyoghurt, halb Fruchtjoghurt ein uneingeschränkter Genuss und ist bestens konsumierbar – im Sinne der freiheitlichen freiwilligen Eigenverantwortung könnte diese halb so süsse Joghurtzubereitung doch direkt angeboten werden, statt dass dies von den eigenverantwortlichen KonsumentInnen zusammengemischt werden muss.

Nun, vielleicht hat diese Unbelehrbarkeit der SVP einen anderen Hintergrund: Bei einem kürzlichen Besuch eines Restaurants im Kanton Schwyz wurde zum Tee wie üblich ungefragt ein Zuckersäckli serviert – auf der einen Seite mit einem Werbebild für die beiden Schwyzer SVP-Kandidaten für den Ständerat, auf der anderen Seite mit einem Werbebild für die vier Schwyzer SVP-Kandidaten für den Nationalrat (nicht gendergerechte Formulierung entsprechend der Tatsache, dass alle sechs Kandiderenden der Schwyzer SVP Männer sind).

Wenn die SVP ausgerechnet auf Zuckersäcklein wirbt, hat ihr Votum gegen die freiwillige Zuckergehalstreduktion in Yoghurts und Frühstückscerealien nichts mit Freiheit zu tun, sondern ist ein weiterer Hinweis darauf, dass SVP-Kandidaten in der Regel bei gesellschaftlich relevanten Fragestellungen ignorant und unwissend sind.