2+1+1+1+2 = 1+2+1+1+2 = 3+2+2 = 5+2 = 3+4 = 7

Konkordanzrechnen – die einzige Rechnungsart, die vor Bundesratswahlen zählt. Hier an einigen Beispielen vorgeführt!

  • 2+1+1+1+2: 2 FDP, 1 $VP, 1 CVP, 1 BDP, 2 SP – das ist der aktuelle Stand der Konkordanz vor dem Rücktritt von Bundesrätin Micheline Calmy-Rey
  • 1+2+1+1+2: 1 FDP, 2 $VP, 1 CVP, 1 BDP, 2 SP – das wäre das Ergebnis des freiwilligen Proporzes aufgrund der Zusammensetzung der vereinigten Bundesversammlung
  • 3+2+2: 3 Sitze „rechter“ Block, 2 Sitze „Mitte“, 2 Sitze „linker“ Block – das Konkordanzmodell, welches der Politologe Michael Herrmann vorschlägt – entsprechend dem freiwilligen Proporz in Listenverbindungen
  • 5+2: Mitte-Rechts-Mehrheit, linke Minderheit
  • 3+4: Mitte-Links-Mehrheit, rechte Minderheit

Auffällig dabei: bei diesen Konkordanz-Rechnungen gibt es keine „rechte“ Mehrheit (wie es auch keine „linke“ Mehrheit gibt). Eine „rechte“ Mehrheit hat es in der neueren Zeit nicht gegeben – es wurde in der Regel eine „bürgerliche“ Mehrheit postuliert, für welche ich jeweils $VPFDPCVP geschrieben habe. Die Entwicklung der letzten Jahre, welche sich auch in der Entstehung von Grünliberalen und BDP äussert, hat gezeigt, dass „bürgerlich“ nicht mehr als politisches Prinzip taugt.

Wenn $VP-Präsident Toni Brunner die Abwahl von BDP-Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf verlangt, will er genau diese „rechte“ Mehrheit erzwingen (also 2+2+1+2 respektive 4+1+2) – eine Mehrheit, die aufgrund der Wahlergebnisse von National- und Ständerat allerhöchstens durch nicht mehr Adam-Riese-konforme Rechentricks begründet werden könnte. Und die will er offenbar mit Wahl-Denkpausen – bei der $VP als Pausen vom Denken verstanden, bei den anderen Parteien eher als Pausen zum Denken genutzt – erzwingen.

Konkordanz ist als Prinzip nicht eindeutig definiert – im Gegensatz zu einem Regierungssystem wird die grundsätzliche Übereinstimmung, also eine minimale Einvernehmlichkeit auch in Fragen der Machtverhältnisse in der Exekutive, häufig damit in Verbindung gebracht. Also eher als weicher Faktor denn als harte Zahlenorientierung. Und entscheidend: im Gegensatz zu einem Regierungssystem mit Mehr- und Minderheit geht es um die optimierte mittlere (Un-)Zufriedenheit aller Beteiligten. Am Beispiel der $VP: wenn am 14.12.2011 zwei $VP-Kandidaten (Innen gibt es hier nicht) in den Bundesrat gewählt werden, hat es – wenn dies denn von der Mehrheit so bestimmt wird – die $VP auch zu akzeptieren, dass Frau Widmer-Schlumpf Bundesrätin bleiben und Herrn Schneider-Ammann abgewählt würde. Wenn die Wahlen ausschliesslich nach den Wünschen der $VP herauskommen müssen, handelt es sich nicht mehr um Konkordanz, sondern um eine Rechtsdiktatur (nur schon die entsprechenden Vorstellungen von $VP-Präsident Toni Brunner lassen befürchten, dass es sich bei dieser Partei längst nicht mehr um eine demokratisch-rechtsstaatlich tragbare Organisation handelt). Im übrigen: Demokratie gehört zwingend zur Konkordanz – man darf eigentlich nur den Begriff Konkordanzdemokratie verwenden!