Fragwürdigkeiten um die Fussball-Europa-Meisterschaft 2008

Brot und Spiele, so hiess es bereits bei den alten Römern. Rund um die EM 2008 EURO 08 gibt es immer wieder Merkwürdigkeiten.

Euro-Fanzone: Nur Kleiderlogos von Sponsoren erlaubt titelt TA-Online am 7. Mai 2008. Exklusivität ist zwar im Marketing durchaus beliebt – aber nach Diktion der EURO08 zeigt sich die hässliche Fratze dieser freien Marktwirtschaft. Die Gestaltung der EURO08-der Trams und Busse ist an Scheusslichkeit nicht zu überbieten, zudem wird für eine Biermarke auf öffentlichem (Bemalungs-)Grund geworben, die vor allem alkoholhaltiges Bier verkauft (und auch noch ein ganz wenig alkoholfreies). Ich auf jeden Fall bin lieber zu Fuss oder verspätet unterwegs, als in ein solchermassen verunstaltetes Gefäss des öffentlichen Verkehrs einzusteigen. Im Sinne der Vielfalt und des Brechens des Absolutheitsanspruchs der Euro/Uefa gibts nur eins: logolos durch den Sommer!


Am Samstag, 19. April 2008 über Mittag: stundenlanger Fluglärm über Zürich. Ein Kamerablick mit dem Tele-Objektiv zeigt: eine Drohne ADS 95 Ranger der Schweizerischen Luftwaffe in Begleitung eines Helikopters zieht Kreise über der Stadt Zürich. Am 23. März 2008 (Ostern!) war dazu in der NZZ am Sonntag zu lesen: Zürich setzt an Euro 08 Drohnen ein. Mit der Behauptung von Sicherheitszugewinnen und dem Hinweis auf die EURO 08 sollen also die ZürcherInnen einmal mehr belärmt werden (am Samstag, 19.4.08 betrug die geschätzte Flughöhe rund 1’500 Meter über Grund, trotzdem war der lärmige Motor sehr deutlich zu hören). Der verwendete 2-Zylinder-2-Takt-Motor gehört aus ökologischen Gründen (unvollständige Verbrennung des Treibstoffes mit sehr viel unverbrannten Kohlenwasserstoffen im Abgas) längst auf den Schrottplatz.

[mygal=drohne]


Da wird in Luzern vor der Ziehung der EM-Gruppeneinteilungen kurzerhand das verfassungsmässig garantierte Demonstrationsrecht ausser Kraft gesetzt. Mehr als 200 friedliche Jugendliche – die „ein Strassenfest für mehr kulturelle Freiräume“ durchführen wollten, wurden von der Stadtpolizei Luzern eingekesselt – und selbst unbeteiligte PassantInnen verhaftet.

Die Stadt Luzern -oder nur die Stadtpolizei? – beabsichtigte, die Stadt angesichts der riesigen Medienpräsenz in einem guten Licht darzustellen. Nun: die Schweiz hat eine sehr lange demokratische Tradition, dazu gehören als politisches Mitbestimmungsinstrument auch Demonstrationen – der Weltöffentlichkeit wurde eine knüppelnde und prügelnde Polizei gezeigt, Bilder, die man sonst nur aus Diktaturen zu sehen bekommt.


Eine weitere durch die demokratische Mitbestimmung erreichte Errungenschaft: Nachtflugverbot auf den Landesflughäfen in Zürich, Genf und Basel. Der Bundesrat will dieses für die Dauer der EURO 2008 abschaffen. Mit der Begründung, gewisse Fan-Gruppen gerade nach Spielende heimschaffen zu können. Solche Anlässe sollen doch eigentlich der Völkerverständigung dienen – und gleichzeitig werden Fans auch als Wirtschaftsfaktor bezeichnet, die während ihres Aufenthalts einen Beitrag zur Wertschöpfung der Schweiz leisten sollen. Mit dem Flugzeug vor dem Spiel herangeschafft, nach dem Spiel mit dem Flugzeug heimgeschafft: behandelt man so willkommene Gäste?


Mehrwegbecher sollen einen Beitrag zur Verminderung der ökologischen Belastung der riesigen Anlässe leisten. Dazu werden umfangreiche Studien in Auftrag gegeben. Mit eindeutigem Ergebnis: Mehrwegbecher-Systeme sind Einweg-Lösungen ökologisch deutlich überlegen! Allerdings: trotz dieser eindeutigen Ergebnisse wird es möglicherweise nicht der Staat sein, der das ökologischere System erzwingen kann: die UEFA beansprucht – unabhängig vom Ergebnis und der Seriosität der Studien die Auswahl der Logistik, nein, es ist nicht eigentlich die UEFA, es ist einer der Sponsoren – Coca Cola, Soft Drinks & Beverage Products. Und dies, obwohl auf der Internet-Seite Begriffe wie Corporate Responsibility, „Polar Bear Support Fund“ und sogar das WWF-Logo zu finden sind. Wo bleibt da die Glaubwürdigkeit?