Brot und Spiele: Fussball nur noch am Bildschirm?

Es ist immer wieder verblüffend, welche Kräfte rund um den Fussball (als Sport) am Werk sind. Die Diskussionen über ein zweites Fussball-Stadion in Zürich – statt des wesentlich sinnvolleren Duplex-Stadions für Fussball und Eishockey – haben aus meiner Sicht durch einen Entscheid des Schweizerischen Fussballverbandes eine neue Dimension erhalten.

Insbesondere im Profi-Fussball braucht es direkt und indirekt sehr viel öffentliche Mittel. Es ist immer wieder erstaunlich, wie die historische Politik-Vorgabe „Brot und Spiele“ auch in der Neuzeit bestens funktioniert – es ist immer wieder festzustellen, dass die geldgesteuerten Vereins- und Verbandsverantwortlichen locker die Politik ausmanövrieren.

Gerade aus ökologischer Sicht ist Fussball in seiner heutigen Form höchst problematisch. Auch Fussballrasen hat eine Vegetationszeit – das interessiert allerdings die Sportgewaltigen nicht: egal ob Natur- oder Kunstrasen, verlangt wird die ganzjährige Bespielbarkeit, was gerade in der Schweiz eine Rasenheizung erfordert – ein energetischer Bödsinn, auch dann, wenn die erforderliche Wärme aus erneuerbaren Energien stammt. Dazu kommt, dass für die Fernsehaufnahme eine massiv überdimensionierte Beleuchtung erforderlich ist.

Klar ist: eine Stadt wie Zürich kann sich eigentlich zwei Fussballstadien nicht leisten, selbst dann, wenn diese eine „Mantelnutzung“ hätten – es kann auch nicht sein, dass die öffentliche Hand für das Milliardenbusiness Profifussball zu investieren hat. Die schlägernden Anteile der Fanhorden stellen zudem den immer wieder behaupteten verbindenden Charakter des Fussballs in Frage – der Beitrag zum Gemeinwohl ist nicht wirklich wahrnehmbar.

Der Schweizerische Fussballverband hat eine ganz neue Möglichkeit für die Weiterentwicklung des Profi-Fussballs aufgezeigt: durch den Verkauf der Fussball-Spiele-Übertragungsrechte für sehr viel Geld an einen Bezahlsender – unter Auslassung des gebührenfinanzierten öffentlichen Fernsehens – wird offensichtlich, dass es für Fussball keine Stadien und damit keine Live-ZuschauerInnen braucht. Erforderlich sind fussballtaugliche Fernsehstudios – das funktioniert mit Kunstrasen und TV-Ausleuchtung ganzjährig bestens. Für die Schweiz reichen ein bis zwei solcher Studios, dies führt zu einer erheblichen Verminderung der Investitions- und Betriebskosten der Fussballinfrastruktur.

Wie die regelmässigen Fussball-EMs und -WMs zeigen, scheint bezahltes Public Viewing bestens geeignet als Alternative sowohl zum Fussball-Stadion als auch zum Home-TV – weil nur die Fans einiger Mannschaft zusammen das Spiel „public viewen“, entfallen die erheblichen Polizeitkosten.

Zudem bieten Studio-Fussballspiele den Vorteil, dass Spielszenen so lange nachgespielt werden können, bis der Spielverlauf den Schiedsrichterleistungen entspricht. Die wegen Stressausfall verminderten vermiedenen Gesundheitskosten können als weiterer volkswirtschaftlicher Nutzen verbucht werden.

Die Vorteile sind derart offensichtlich: Fussball nur noch am Bildschirm!