Die Weltgemeinschaft benötigt andere Mittel als „notwendige, rechtmässige und gerechte Militärschläge“

Es ist pure Verzweiflung, die verschiedene Staaten einen „Militärschlag“ gegen Libyen ausführen lässt. Auch wenn dieser Militärschlag gemäss den Aussagen des britischen Premierministers David Cameron „notwendig, rechtmässig und gerecht“ ist, auch wenn der libysche Despot Gaddafi „entmachtet“ werden muss, ist festzuhalten, dass die Weltgemeinschaft andere Mittel braucht, um eine „gute Regierungspraxis“ durchzusetzen. Zentral müsste allerdings die Frage sein, ob die aufgrund der UNO-Resolution agierenden Staaten einen Plan haben, was nach der Entmachtung des Diktators Gaddafi in Libyen passieren sollen. Immerhin sind mit den USA, Grossbritannien und Frankreich mindestens drei Staaten aktiv, die auch im „Krieg um Öl“ bedeutende Interessen haben.

In den letzten Jahren wurden in verschiedenen Ländern in teils erheblichem Umfang die Menschenrechte verletzt – nicht wirklich verwunderlich in einer Wert, in der nur 26 von 167 aufgeführten Staaten als „Vollständige Demokratien“ gelten. Selbst im UNO-Sicherheitsrat sitzen Vertretungen eines autoritären Regimes (Volksrepublik China) und eines so genannten Hybridregimes (Russland). China bezeichnet selbst die Auszeichnung des Politaktivisten und Menschenrechtler Liu Xia mit dem Friedensnobelpreis als Einmischung in die inneren Angelegenheiten – zumindest aus europäischer, sogenannt aufgeklärter Sicht sind gerade die Menschenrechte unverhandelbar, und damit alles andere als eine innere Angelegenheit.

Die Situation ist somit sehr klar: wenn die Machthabenden in China oder Russland mit Gewalt gegen Bewohnende ihres Landes vorgehen, die sich für Demokratie und Menschenrechte einsetzen, wird es NICHT zu einer Resolution des Sicherheitsrates kommen, wird es also auch keine Militärschläge geben, selbst wenn diese „notwendig, rechtmässig und gerecht“ wären! P.S. Israel, zusammen mit den Nachbarstaaten und „besetzten Gebieten“ ebenfalls häufiges Thema von UNO-Resolutionen, gilt immerhin als „unvollständige Demokratie“ …

Sowohl die unvermeidbaren zivilen Opfer von „notwendigen, rechtmässigen und gerechten“ Militärschlägen als auch die offensichtliche Nichtdurchsetzbarkeit bei grossen Staaten zeigen deutlich auf, dass UNO-Resolutionen, die Militärschläge als Sanktionen enthalten, ein grundsätzlich ungeeignetes Instrument sind, um eine gute Regierungspraxis durchzusetzen.

Auch wenn das (ökonomische) Rating von Staaten durch private Agenturen regelmässig kritisiert wird, wäre durchaus zu prüfen, auch auf der letztlich politischen Ebene der Weltgemeinschaft solche Ratings einzuführen. Auch wenn es nicht unkritisch ist, dass nur rund ein Sechstel der aufgelisteten Staaten gemäss Demokratie-Index als Demokratien bezeichnet werden können, was zu erheblichen Schwierigkeiten führen dürfte, wenn die übrigen Sechstel nur eingeschränkte Rechte auf Ebene der Weltgemeinschaft hätten, braucht es echte Veränderungen in den Deeskalationsmechanismen, die der Staatengemeinschaft zur Verfügung stehen. Ein wichtiger Aspekt dabei: der Waffenhandel ist so schnell als möglich zu reduzieren! Staaten wie die Schweiz sollten dabei den ersten Schritt tun.