Das Symbol Winkelwiese

Im September 2008 haben die Stimmberechtigten der Stadt Zürich relativ knapp (51.4 % Ja-Anteil) die Gewährung eines Baurechts in der Zürcher Altstadt für die Realisierung von massiv übermässigen Wohnraumansprüchen gewährt. Weil in den vielen Monaten seither nichts sichtbares passiert und der Stadt einiges an Baurechtszins entgeht, hat selbst der tatsächlich geduldige städtische Finanzvorstand Martin Vollenwyder etwas Dampf aufgesetzt – nun muss ein Baugesuch her! Die Geschichte um die Villa Winkelwiese illustriert treffend die Sackgasse des übermässigen ökologischen Fussabdrucks.

Die aktuelle Diskussion über die Wohnsituation in Zürich – wo wo günstige Wohnungen – und die Villa Winkelwiese hängen direkt zusammen. Nach wie vor gilt eine grosse Wohnfläche pro Person als Wohlstandsmerkmal. Klar ist: Mietzinse sind ein Spiegelbild der Wohnflächenansprüche! Der ökologische übergrosse Fussabdruck, ist, selbst wenn er zu Lasten nächster Generationen und anderer Weltgegenden geht, auch zu finanzieren. Wer nun günstige Wohnungen fordert, signalisiert damit, dass er/sie nicht bereit ist, der Gesellschaft die Rechnung für ihr zerstörerisches Verhalten zu präsentieren. Wohnen, ein Dach über dem Kopf, gilt zwar grundsätzlich als Menschenrecht – damit ist aber nicht postuliert, dass diese Wohnfläche 50 und mehr Quadratmeter pro Person, Tendenz zunehmend, betragen soll! Mit dem knappen Ja zum Baurechtsvertrag Winkelwiese haben allerdings die Stimmberechtigten die Flächenansprüche aufgrund des Wohnrechts auf einer nach oben offenen Skala plaziert.

Das noch nicht eingereichte Baugesuch ist eine Chance, unter Berücksichtigung auch der Aussage des früheren UBS-Chefökonom Klaus Wellershof: Es müsste die Einsicht reifen, dass wir über unsere Verhältnisse gelebt haben. Und eben nicht nur in den USA, sondern auch in Grossbritannien, in Spanien und Irland sowie in einer Reihe weiterer Länder in Europa und Asien. Wir sollten uns gewöhnen an eine Welt, die vielleicht auf einem tieferen Wohlstandsniveau lebt und auch langsamer wächst. Nun, es ist ja nicht gerade davon auszugehen, dass Geldaristokrat Binder zum LOVOS-Realisator wird, aber klar ist: ein bisschen erneuerbare Energien machen aus einer übergrossen Wohnung noch lange kein ökologisches Vorzeigeobjekt. Die Öffentlichkeit ist sehr gespannt, wie das Baugesuch von Herrn Binder darauf reagiert, dass der ökologische Fussabdruck übermässig gross ist, dass selbst Ökonomen die Konsumgewohnheiten immer deutlicher in Frage stellen.

Wenn – selbst mit einem nicht unbedeutenden gekauften Ja-Stimmenanteil – die Stimmberechtigten zu derartigen Flächenansprüchen Ja sagen, wenn eine Bauherrschaft sich der geopolitischen Herausforderung nicht gewachsen zeigt und tatsächlich solche übermässigen Flächenansprüche realisiert, verkommen die Rufe nach günstigen Wohnungen schlicht zum populistischen Gelärme der ZechprellerInnen! Denn sowohl ökonomisch wie ökologisch können wir uns die heutige Wohnraumpolitik nicht leisten!