Abzocker unter sich

Eidgenössische Volksinitiative gegen die Abzockerei nennt sich die populistische Initiative von Trybol-Chef Thomas Minder. Leider ist dieser Initiativ-Titel unvollständig – „durch das Topmanagement“ müsste noch dazugefügt werden. Es geht also Herrn Minder darum, die Abzockmöglichkeiten der AktionärInnen zu verbessern. Dies dürfte auch ausschlaggebend dafür sein, dass Herrn Alt-Nationalrat Blocher einen Teil der Initiativ-Bestimmungen in einen indirekten Gegenvorschlag integrieren will.

Herr Blocher ist derzeit in erster Linie Aktionär, da interessiert ihn persönlich nur noch, wie sich die Aktionärsrechte verbessern und die Eigenkapitalrendite maximieren lässt. Auch wenn es zutrifft, dass die Boni des Topmanagements unanständig, ja volkswirtschaftlich schädlich sind, die die von AktionärInnen angestrebten Eigenkapitalrenditen deutlich über der Wuchergrenze mindestens so unanständig und ebenso schädlich!

Mit anderen Worten: ob Topmanagement oder AktionärInnen – beide unterliegen der Versuchung der Abzockerei. Herr Minder und Herr Blocher wollen die Abzockmöglichkeiten der AktionärInnen mit dem Hinweis auf die dringend notwendige Beschränkung respektive Verminderung der Boni des Topmanagements verbessern. Da dies die meisten Stimmberechtigten so oder so nicht betrifft, und es durchaus auch AktionärInnen mit wenigen Aktien gibt, trifft diese Initiative die Volks“seele“ – reiner Populismus also, auch wenn damit letztlich nur Gelder zwischen potentiellen AbzockerInnen verschoben werden. Objektiverweise ist es unter sämtlichen Gesichtspunkten falsch, derartige Bestimmungen über demokratische und rechtsstaatliche Instrumente zu regeln – dies ist ausschliesslich über den Markt respektive den Interessensausgleich zwischen Aktionariat und Unternehmensleitung zu regeln, in den Unternehmensstatuten letztlich. Einmal mehr will also hier Herr Blocher, assistiert von Herrn Minder, die Volksrechte missbrauchen, um seinen ganz individuellen Profit zu maximieren.

Es mag sein, dass durch die verstärkten Mitbestimmungsmöglichkeiten der AktionärInnen die resultierenden Spitzengehälter des Topmanagements etwas reduziert werden – was bleibt, ist die massive Lohnspanne in grösseren Unternehmen zwischen den SpitzenverdienerInnen und den am schlechtest verdiendenden Mitarbeitenden. Hier geht es nicht um die optimierte Gewinnmaximierung zwischen zwei potentiellen Abzock-Maximierern, sondern um eine echte und real existierende Sozialpartnerschaft. Da bringt einzig die 1:12-Initiative der JUSO „Für gerechte Löhne“ eine zweckmässige Verbesserung: eine maximale Lohnspannbreite zwischen dem tiefsten und höchsten Lohn in einem Unternehmen von 1:12 soll in der Verfassung verankert werden – niemand soll in einem Jahr weniger verdienen als der Top-Manager im gleichen Unternehmen in einem Monat verdient! (Kursiv: Zitate von der Internet-Seite der JUSO)

Nun, ob dieses Verhältnis 1:12 tatsächlich angemessen ist oder ob nicht noch eine viel flächere Lohndifferenzierung angezeigt wäre, ist hier nicht von Bedeutung. Zentral ist: diese Initiative setzt sozial- und gesellschaftspolitische Zeichen – und das ist genau das, was sowohl Herr Minder wie Herr Blocher nicht wollen. Und darum hoffen, mit einer populistischen Änderung der Spielregeln zwischen AktionärInnen und Topmanagement die politische Diskussion über die Lohnschere verhindern zu können. Da gibts nur eins: 1:12 möglichst rasch unterschreiben!